Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
N(S)D(A)P
Der brave Bürger reibt sich K Augen. Die Erfolge der rechtsradikalen Nationaldemokratischen Partei in Hessen (7,94 Prozent und acht Mandate) und am letzten Sonntag in Bayern (7,4 Prozent und fünfzehn Abgeordnete) haben ihn aus seiner beschaulichen, zur Zeit noch wirtschaftswunderlich gepolsterten Ruhe aufgeschreckt.
Uns haben, um es gleich zu sagen, die partiellen Wahlerfolge jener Partei, die sich um die Fahne eines neuen radikalen deutschen Nationalismus schart, keineswegs überrascht, und sie beeindrucken uns auch nicht so wie andere Zeitgenossen, die sich nun das erstemal sichtbar mit diesem Phänomen konfrontiert sehen. Zum Unterschied von ihnen haben wir uns nämlich nie der Illusion hingegeben, daß jene Kräfte und Ideen, die in der Vergangenheit so viel Unglück für ihr eigenes und andere Völker gebracht haben, sich unter dem Eindruck der totalen Niederlage auf immer verflüchtigt hätten. Das Gift blieb in der Blutbahn.
Nun wird das sichtbar, für dessen nüchterne Begeisterung man noch vor gar nicht so langer Zeit auch in diesem Land gerne der „Gespensterseherei“ geziehen wurde. Nun, die Gespenster in Hessen, in Bayern und anderswo haben Fleisch und Blut und ein großes Mundwerk dazu. „1969 stellen wir den Kanzler“, ver-, kündete ein NPD-Mann großspurigĄ So weit sind wir jedoch noch lange / nicht. Die deutsche Demokratie, die durch die beiden großen Parteien der CDU und SPD immer noch am besten repräsentiert wird, kann mit 84 Prozent aller Stimmen rechnen. Allerdings kommt es darauf an, wie die deutschen Demokraten die Herausforderung aufnehmen. Fördert diese neue Wortmeldung der Kräfte der Vergangenheit die Besinnung auf das, was christlichen und sozialen Demokraten gemeinsam ist, so hat das Vorpreschen des alten Ungeists sein Gutes. Glaubt man aber da und dort, wie dies leider auch im bayerischen Wahlkampf vom führenden Mann der CSU unter dem fragwürdigen Motiv des „Wind-aus- den-Segeln-Nehmens“ zu hören war,
„deutschnationale Töne“ anstimmen zu müssen, so könnte man wieder einmäl erleben, wie ein Außenseiter einer großen Partei das Gesetz des Handelns diktiert.
Wir in Österreich können und dürfen nicht nur interessierte Beobachter des Auftritts von rechts- außen auf der Bühne der deutschen Politik sein. Der neue radikale deutsche Nationalismus zielt nämlich auch nach unserem Land. Schon in den letzten Jahren waren von seiten seiner Sendboten verstärkte „Bemühungen um Österreich“ zu verzeichnen. Gerne verschloß man gegenüber dieser Agitation das offizielle Auge. Nun ist auch die Gründung eines Ablegers der NPD für unser Land avisiert. Als erste Folge räumte die Freiheitliche Partei, die fürchtet, wie die FPD Bayerns radikal dezimiert zu werden (dasselbe Schicksal erlebten die alten Großdeutschen beim Auftreten der NSDAP), ihre liberale Auslage. Man stellt hier wieder stärker als in den letzten Jahren Kornblumen ins Fenster. Für die mit der vollen Verantwortung als alleinige Regierungspartei beladenen Volkspartei aber reift die Zeit zu der Erinnerung, daß christliche Demokraten nicht nur wirklichen und eingebildeten „Volksfronten“ nachjagen sollten, sondern als österreichische Patrioten dem Gesetz ihrer Gründer getreu gegen die Vorboten eines neuen deutschen Nationalismus in Wort und Tal Front machen müssen. Den Anfängen heißt es wehren.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!