Friede erhält eine Chance

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Seit Jahren tobt Bürgerkrieg in Burundi. Bischof Bernard Bududira, der kürzlich in Wien war, setzt auf Friedenskundgebungen und Versöhnung der Jugend.

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Seit Jahren tobt Bürgerkrieg in Burundi. Bischof Bernard Bududira, der kürzlich in Wien war, setzt auf Friedenskundgebungen und Versöhnung der Jugend.

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Zuerst kommt ein Gottesdienst, zu dem sie alle eingeladen sind: Protestanten, Katholiken, Moslems, die "Heiden", Ordnungskräfte, die Verantwortlichen der Behörden, ja selbst Minister, alles in allem rund 3.000 Menschen. Noch während des Gottesdienstes werden die Kriegsvertriebenen mit lebensnotwendigen Dingen versorgt: Kleidung, Werkzeug, Kugelschreiber, Hefte, Decken ... Danach marschieren sie los, ein paar Kilometer. Oft halten dabei die Kirchen- oder Behördenvertreter eine Ansprache. Das Thema ist jedesmal: Gemeinsam für das Leben und für den Frieden. Wer von weit hergekommen ist - oft mehrere Tagesreisen - erhält dann ein einfaches Mahl.

"Mit diesen Märschen - der erste war im Jänner 95 - haben wir unsere Diözese vor dem Bürgerkrieg gerettet", meint Bischof Bernard Bududira, der seit 25 Jahren der Diözese Bururi im Süden Burundis vorsteht und Präsident der Bischofskonferenz ist. "Wir haben erreicht, daß in unserer Diözese die Bevölkerung nicht gespalten ist, daß die Menschen einander nicht mit Haß, Furcht und Rachegefühlen begegnen."

Mehr als 200 000 Todesopfer hat der Bürgerkrieg zwischen den Hutus und der Minderheit der Tutsis, die jedoch die Armee dominieren, in den letzten fünf Jahren gefordert. Seit 1993 der erste frei gewählte Hutu-Präsident Melchior Ndadaye ermordet worden war, wurde das Land von nicht enden wollenden Kämpfen heimgesucht. "Das Klima des Hasses ist allgegenwärtig", erklärt Bischof Bududira. "Sogar Menschen aus der gleichen ethnischen Gruppe ermorden einander, Kinder töten ihre Eltern." Gerade die Jugendlichen seien in einer ständigen Gewaltatmosphäre groß geworden. Ein Teufelskreis, den der Bischof und seine Mitarbeiter durchbrechen wollen. Mit finanzieller Hilfe der päpstlichen Missionswerke "Missio" organisiert die Kirche in der Diözese Bururi immer wieder Friedensmärsche, Bildungstage und Schulungen - vor allem für junge Leute aller ethnischen und politischen Gruppen. Ziel der Schulungen sei es, "daß sich die jungen Leute treffen und sich dabei gemeinsam Gedanken über ihre Zukunft und die Zukunft des Landes und der Kirche machen", meint Abbe Salvator Niciteretse aus Bururi. "Wir helfen ihnen, mehr Verantwortung zu übernehmen, mehr Mensch, mehr Christ zu werden, damit sie durch ihr Vorbild andere junge Leute für die Aufgabe von Versöhnung und Frieden mitreißen."

Verschärft wird die Situation noch durch das anhaltende Handelsembargo, das nach dem Militärputsch 1996 über Burundi verhängt wurde: Es sei schwer, an Medikamente oder Materialien für den Friedensunterricht heranzukommen, klagt Bischof Bududira. Erst Anfang Juni hatte auch der UNO-Beauftragte Aldo Ajello die Aufhebung des Embargos gefordert, zumal Friedensverhandlungen zwischen Hutus und Tutsis in vollem Gange sind. Letztere sind nicht zuletzt dem Tutsi Pierre Buyoya zuzuschreiben ist, der 1996 durch einen Militärputsch an die Macht kam. "Mission possible" heißt sein kürzlich erschienenes Buch, in dem er die Lage in Burundi und die Chancen auf Frieden analysiert. Diese seien gar nicht schlecht, meint er, denn Burundi sei ein Land in dem "die Bevölkerung seit langer Zeit dieselbe Sprache spricht und dieselbe Kultur hat". Es gebe keine Landesteile in denen ausschließlich Hutus, Tutsis oder Twa (die dritte Bevölkerungsgruppe) lebten. "Das ist ein Zeichen, daß die soziale Integration sehr fortgeschritten sei", schreibt Buyoya.

Der Bürgerkrieg hat tiefe Wunden hinterlassen, die nur langsam heilen werden, meint Abbe Niciteretse. Die Kirche könne aber viel zur nationalen Versöhnung beitragen: Es gibt viele Christen, die Menschen gerettet haben und die es noch heute tun - sei es, daß sie sie verstecken, zu ihren Gunsten sprechen oder ihnen zur Flucht verhelfen. Die Bischöfe hören nicht auf, Hirtenbriefe zu schreiben, Aufrufe zu Frieden, Toleranz und zum Respekt des Lebens zu erlassen: Der Weg zum dauerhaften Frieden ist noch lang.

Bis dahin marschiert Bischof Bernard Bududira weiter für den Frieden.

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