Gewaltlose Kämpferin aus religiöser Überzeugung

Werbung
Werbung
Werbung

Hundert Jahre sind es in diesem Jahr, dass Bertha von Suttner den Friedensnobelpreis erhalten hat. Eine mindestens ebenso würdige Friedenskämpferin aus Österreich und mindestens ebenso starke Persönlichkeit wurde ein Vierteljahrhundert später geboren: Am 22. Jänner feiert Hildegard Goss-Mayr ihren 75. Geburtstag.

Den Friedensnobelpreis haben die Wienerin und ihr Mann und Mitstreiter Jean Goss nicht bekommen, wiewohl sie 1979 und 1987 dafür nominiert wurde. 1991 erhielt Hildegard Goss-Mayr aber den beinahe ebenso renommierten Niwano-Friedenspreis, der in Japan verliehen wird.

Leise, beharrlich, zäh und mit schier unerschöpflicher Ausdauer hat sich Goss-Mayr für eine aus christlicher Spiritualität erwachsene Haltung der Gewaltlosigkeit eingesetzt. Als Tochter von Kaspar Mayr, eines Führers des Internationalen Versöhnungsbundes, der ersten ökumenischen Friedensbewegung, erlebte sie die Gewalt der ns-Herrschaft und den Zweiten Weltkrieg. 1953 - nach ihrer Sub-Auspiciis-Promotion in Wien - ging sie ins Internationale Büro des Versöhnungsbundes; dort traf sie den französischen Friedensaktivisten Jean Goss, den sie heiratete: Jean und Hildegard Goss prägten fortan jahrzehntelang den christlichen Pazifismus.

Im Kalten Krieg der 50er Jahre setzte sich das Paar für eine "Entfeindung" mit der Sowjetunion ein, bei den kommunistischen Weltjugendfestspielen 1959 in Wien, die vom offiziellen Österreich und allen Medien des Landes boykottiert wurden, diskutierten Jean und Hildegard mit vielen Dritte-Welt-Studenten, die damals in die Donau-Metropole kamen. Es war nicht das erste Mal, dass Jean und Hildegard der Kollaboration mit Kommunisten geziehen wurden, obwohl sich beide auch für die deutsch-polnische Versöhnung und Anfang der 80er Jahre für die polnische Gewerkschaft Solidarno´s´c einsetzten.

Bahnbrechend war Jean und Hildegard Goss' Lobbying auf dem II. Vatikanum, wo sie den gefürchteten Wortführer der Konservativen, Kardinal Ottaviani, für die moralische Verurteilung des Krieges gewinnen konnten; ihr Engagement führte auch dazu, dass das Anliegen der Gewaltfreiheit ins Konzilsdokument "Gaudium et Spes" aufgenommen wurde.

Dann folgte gewaltfreies Engagement in Lateinamerika; ihr Mitstreiter Adolfo Perez Esquivel, der gemeinsam mit ihnen gegen Argentiniens Militärjunta kämpfte, erhielt 1980 dafür den Friedensnobelpreis. Danach verlegte sich Jean und Hildegard Goss' Einsatz auf die Philippinen, die - gewaltlose - Rosenkranzrevolution 1986, bei der der Diktator Ferdinand Marcos vertrieben wurde, gehörte zu den spektakulärsten Erfolgen des Ehepaares.

Nach Jean Goss' Tod 1991 engagierte sich Hildegard Goss-Mayr weiter im Kongo, auf Madagaskar (wo ähnliche Erfolge wie auf den Philippinen zu verzeichnen waren), aber auch im Israel-Palästina-Konflikt oder in Ruanda vor dem Genozid, auch wenn sie dort mitunter schmerzlich wenig erreichte.

Hildegard Goss-Mayr, die in Wien lebt, bezeichnet sich selbst als im christlichen Glauben tief verwurzelt - und sieht eine "gewaltlose" Verbindung aller religiösen Menschen: "Ich bin überzeugt", hat sie einmal gesagt, "dass Gewaltfreiheit eine Uroffenbarung der Menschheit ist."

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung