Vor Kommunion nicht "Verwirrung stiften"

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"Eigentlich hätte ich etwas zu dringlicheren Fragen aus Rom erwartet nach wenigstens zwei Jahrzehnten Stillstand und Rückschritt hinsichtlich der Umsetzung der Liturgiekonstitution des II. Vatikanum." Auf diesen Nenner bringt der Liturgiewissenschafter Klemens Richter im Internetportal "Münsteraner Forum für Theologie und Kirche" (www. theologie-und-kirche.de) seine Einschätzung der jüngsten liturgischen Vorschrift, die aus Rom auf bischöfliche Tische flatterte. Vielleicht ist es bezeichnend, dass die Gottesdienstkongregation die Neuordnung des Friedensgrußes in der katholischen Liturgie gar nicht offiziell vorstellte, sondern per Rundschreiben an die einzelnen Bischofskonferenzen verschickte.

Lange hatte die Prüfung gedauert, waren doch auf der Bischofssynode 2005 von einigen Teilnehmern "übertriebene Formen" des Friedensgrußes moniert worden, der seit der Liturgiereform des II. Vatikanums vor der Kommunion von den Gläubigen (und nicht nur vom Klerus) ausgetauscht wird. Neun Jahre später folgt nun das Ergebnis der römischen Überlegungen.

Übertriebene Ausdrucksformen?

Am auffälligsten dabei ist, dass am Ort des Friedensgrußes im Gottesdienst nicht gerüttelt wird. Viele Liturgiker, darunter auch Klemens Richter, hatten argumentiert, den Friedensgruß zwischen dem Wortgottesdienst und der Eucharistiefeier anzusiedeln; sie verwiesen dabei auf die Praxis der ersten Jahrhunderte, die bis heute noch im ambrosianischen Ritus oder bei den Ostkirchen präsent ist. Doch dem erteilte die Gottesdienstkongregation eine Absage: Der Friedensgruß bleibt, wo er ist -zwischen Vaterunser und Brotbrechen.

Dagegen mahnt die Kurienbehörde, "übertriebene Ausdrucksformen, die in der liturgischen Versammlung gerade vor der Kommunion Verwirrung stiften, zu mäßigen". Konkret soll der Priester keinesfalls den Altar verlassen, um mit Mitgliedern der Gottesdienstgemeinde den Friedensgruß auszutauschen, auch die Gläubigen sollen an ihren Platz bleiben. Längeren "Friedensgesängen" erteilt das Schreiben ebenso eine Absage wie Praktiken, zu besonderen Gelegenheiten (Weihnachten, Ostern, aber auch Taufen, Hochzeiten oder Begräbnissen) "Gratulationen, Glückwünsche oder Beileid unter den Anwesenden auszudrücken".

Anliegen, so das Dokument, sei die "geistliche Bedeutung des Friedensritus", denn dieser Friede Christi werde in der Feier angerufen, verkündet und verbreitet "auch mittels einer menschlichen Geste, die in den Raum des Sakralen erhoben wird".

Klemens Richter sieht für Befürchtungen, die Gläubigen würden bei diesem Ritus "über die Stränge" schlagen, zumindest hierzulande keine Grundlage -vielleicht "im Unterschied zu südlicheren Ländern". Der Münsteraner Liturgiewissenschaftler weist aber zugleich darauf hin, dass "Umarmungen, der heilige Kuss" schon von den Anfängen des Christentums an zum Friedensgruß gehörten.

Siehe dazu FURCHE-Meinung, Seite 15.

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