(Volkstheater, Wien; "Die Beute bleibt deutsch! Eine Arisierungs-Revue" nach Dokumenten zusammengestellt von Hanne Hiob und Ursula Ebell) Dokumente prolongierter Niedertracht: Die Geschichte der teils vertriebenen, teils ausgerotteten Berliner Familie Kem-pinski, die den Ariseuren ihres Unternehmens nicht einmal verbieten kann, den Renommee und Gewinn bringenden Namen der Opfer zu verwenden. Die Erzählung von Ilse Aschner, auf deren alter Wohnungstür noch 1988 der Name des Nazis prangte, der sich die Wohnung 1938 angeeignet hatte - sie selbst mußte nach der Rück-kehr viele Jahre mit Mann
(Traumtheater Salome, Wien; „Der Zauber der Schmetterlinge“) „Eine Oase in der Wüste Welt“ verspricht Harry Owens' Traum- theater. Tatsächlich steht es breit in zwei Marktnischen, der Artistik- und der Mystizismus/Exotik-Ni- sche, und bedient etwas aufdring- lich vor allem die auf letzteres er- pichten Geschmäcker. Das Ambien- te: Ein unverschämt orientalisie- render, mit Gold und Märchenbunt- heit das Kind im Erwachsenen bestechender, mit einem Stilmisch- masch von imponierender Unbe- kümmertheit Tausendundeine- nacht-Stimmung beschwörender Musentempel. Das Geschehen: Ein auf
(Volkstheater in den Außenbezirken, Wien; „Medea" von Franz Grillparzer) Eine jener Aufführungen, in denen man sich fragt, wem die insgesamt positive Bilanz zu verdanken sei: dem Regisseur, hier Wolfgang Krassnitzer, oder den Schauspielerinnen, hier vor allem den -innen. Die Inszenierung gleicht dem Musterbuch eines reisenden Regiemätzchenverkäufers. Und doch wurde sie zu harsch gescholten. Sie arbeitet sehr wohl das Zeitlose der „Medea" heraus, den pathologischen Prozeß, der, in der Kriminalchronik oft nachzulesen, im Trennungskonflikt zum Kindermord führen kann. Die
Es war eine interessante Idee des holländischen Museums Boymans-van Beinlingen, vier zwischen 1853 und 1881 geborene Maler, die einander kaum kannten, in einer Ausstellung zusammenzuspannen.Das dazu erschienene Buch enthält eine Reihe wenig bekannter Landschaften von Ferdinand Hodler, schöne Beispiele für das Frühwerk von James Ensor, dem ein jahrzehntelanger Abstieg folgte, einen Querschnitt durch das Werk des wenig bekannten Herman Kruyder und eine kleine, interessante Auswahl von Edvard Münch.Vier außerordentlich verschiedene Malerpersönlichkeiten, wobei Kruyder wohl auch aus
(Volkstheater, Wien; „Süßer Vogel Jugend“ von Tennessee Williams) Regisseur Torsten Fischer gelang, woran das deutschsprachige Theater, manisch fixiert, unermüdlich scheitert: aus einem für verstaubt, erledigt, ungenießbar geltenden Stück Aktualität zu pressen. Es ist 30 Jahre alt und zeigt die Chan-cenlosigkeit dessen, der auf einem unbarmherzigenMarkt die Ware, die er anzubieten hatte, seine Jugend, nicht schnell genug verkaufen konnte und nun seinen Körper einem alternden Filmstar verkauft. Es entlarvt Enge, Brutalität, Rassismus, die in den Südstaaten vielleicht nicht mehr so
Die Ausstellung nicht gebauter Projekte sowjetischer Architekten im Deutschen Architekturmuseum, deren Katalog nun als Buch vorliegt, ist hochaktuell, läßt sie doch ahnen, was im Gefolge der Öffnung auf uns zukommt: Eine große Herausforderung. Eine Welle entfesselter intellektueller, künstlerischer, eines Tages sicher auch materieller Produktivkraft.Die Schau ist sogar doppelt aktuell, demonstriert sie doch die originellen Wege sowjetischer Künstler und Pädagogen, um jenes Potential zu fördern, das zukunftsentscheidend werden könnte und um das wir uns viel zu wenig kümmern: die
(Volkstheater, Wien; „Die Jüdin von Toledo“ von Franz Grülparzer) Brüche, wohin man bei Grülparzer schaut, im Leben, im Werk. Brüche auch in der „Jüdin von Toledo“. Ein junger, aufklärerisch gesinnter Mann fing das Stück von Liebe, Staatsräson und Mord zu schreiben an, ein skeptischer Alter vollendete es. Der junge scheint es mit der Leidenschaft, der alte mit der Staatsräson gehalten zu haben.Rahel: Verkörperung der Triebhaftigkeit, Projektionsfläche, für Grillparzers Angst vor der Frau. Mit dem Schlüsselsatz, in dem der Christ den Juden großzügig zugesteht,
Es muß um der Wahrheit willen gesagt werden: Amerikaner stilisieren Osterreich .zum Naziland. Amerikaner haben nicht nur den SS-Mann Martin Bartesch eingebürgert und uns ins Land geschmuggelt, als er nicht mehr nützlich war, sondern jetzt auch, offenbar zu ihrem eigenen Erschrecken, entdeckt, daß sie den in seiner Heimat wegen hundertfachen Mordes angeklagten Holländer Jan Verbelen als Agenten gegen die Kommunisten beschützt und gehätschelt hatten. Amerikanern, die Kurt Waldheims wegen Österreichs EG-Beitritt zu blockieren suchen, muß die Causa Verbelen unter die Nase gerieben
(4.-7.11., Ol) Daß die Recherchen von Nadine Hauer über Anne Frank notwendig waren, ist unbestreitbar und traurig. Sie führt den Nachweis, daß jene, die das Tagebuch des im KZ Bergen-Bel-sen gestorbenen jüdischen Mädchens als Fälschung abtun, stets auch versuchen, die in Auschwitz begangenen Verbrechen zu leugnen.In der Serie „Der Streit um das Tagebuch der Anne Frank“ wurden auch spezifisch österreichische Verdrängungsmechanismen aufgedeckt — das viel geringere Interesse für das Tagebuch, der Konflikt zwischen Innen- und Justizministerium über Vorkehrungen gegen
Man muß zweimal lesen, was Klaus-Jürgen Wussow in einem ,JBasta“-Interview über die TV-Serie ,JSchwarz-waldklinik“ gesagt hat, um es zu glauben:„Mich erinnert das an die großen Schauspieler aus der Zeit des Dritten Reichs, die ich nach dem Krieg in Berlin noch habe kennenlernen dürfen. Da war dieser Anstand, diese Sauberkeit, die heute dem Theater fehlt.“Man darf den Burg-Schauspieler Klaus-Jürgen Wussow daran erinnern, daß die Nazis den anstand“ besonders gern bemühten und Heinrich Himmler in einer Rede an SS-Massenmörder diese rühmte, sauber“ geblieben zu sein.Wussow
(16.3., Ol: 18.3.,03) Ein Interview mit dem abgehenden Staatsopernchef, ein Kopfhörer" über Kneippen in Osterreich: Sachen, die auf den ersten Blick schon gar nichts verbindet.Und doch erfuhr man da Interessantes über die Allgegenwart einer gewissen Einschätzung Österreichs. Gängige Klischees von der Küß-dihand-Fassade und der dahinter residierenden Inkompetenz repetierte eher vordergründig der zwecks Berichterstattung bei uns kneippende deutsche Rundfunkmann.Lorin Maazel hingegen bestätigte die Verläßlichkeit der Vorurteile, indem er auf sie baute, als er, keinen eigenen Fehler
Die Unaufhaltsamkeit, mit der Britanniens Flotte gen Falkland dampft, hat Sym-. bolcharakter. Zwei Regierungen haben gehandelt und dann erst erkannt, daß sie ihren Handlungsspielraum überzogen.Während Militärs die Überlegenheit der britischen Feuerkraft berechnen, kann London eine viel betrüblichere Risken-Kalkulation anstellen.Nicht nur, daß Argentinien mehr Engländer als Geiseln nehmen kann als umgekehrt, daß man um menschliches Faustpfand in der Hand einer solchen Diktatur mehr bangen muß, daß die Sowjets schon aus Angst um den Weizen aus Argentinien offen Partei beziehen — von
(Theater-Forum, Wien) Das neue Theater-Forum (Porzellangasse 50) zeigt seine erste Eigenproduktion: „Satisfaction oder Was bedeutet Mick Jagger Ada Popp?“ von Wilhelm Pevny. Die Erstaufführung eines österreichischen Stückes ist verdienstvoll und ein vielversprechender Auftakt: Zumal Regisseur Frank Michael Weber aus dem Text das beste’, \väS thöglich war, görriächt hat und Ingrid Burkhard als alterndes Stiefkind des Schicksals durch ein klug abgewogenes Gleichgewicht von Intensität und Zurückhaltung beeindruckt.Pevny diagnostiziert wieder einmal die Deformation eines Menschen
Obenstehende Zeichnung heißt „Vorschau auf die achtziger Jahre” und stammt aus dem neuen Ironi- mus-Bildband „Die siebziger Jahre - Zeitgeschehen in der Karikatur 1970-1979” (mit Texten von Markus Peichl, Molden Verlag, 200 Seiten, öS 285,-).Der Architekt Gustav Peichl wurde bekanntlich als Karikaturist Ironi- mus eine Berühmtheit. Nicht nur in Wien. Karikaturen von ihm erscheinen in der Münchener „Süddeutschen Zeitung” ebenso wie in der Züricher „Weltwoche”.Hoffen wir nur eines: Daß wir in zehn Jahren diese „Vorschau auf die achtziger Jahre” noch schmunzelnd
Der „Tod eines Jägers“ von Rolf Hochhuth wurde nicht uraufgeführt, sondern zu Grabe getragen. Alle Beteiligten haben die Katastrophe kommen gesehen; noch bevor sie da war, schoben einige einander die Schuld in die Schuhe. Hochhuth selbst reiste vor der Premiere ab. Doch könnte sich der „Tod eines Jägers“ einem Phönix gleich aus der Asche der Total verrisse zu einem amerikanischen Bühnenerfolg erheben. Was’ diesseits des Atlantik als taktlos und peinlich empfunden wird, die unbarmherzige Demontage des Idols Hemingway, entspricht in den USA nämlich genau der dort gerade gängigen Welle.
Hurra, wir haben ein neues, schönes, rundes Aggressionsziel, freigegeben zum Beschuß durch alle, die derlei brauchen, um den Zusammenhalt nicht zu verlieren. Das Aggressionsziel heißt „Hochkultur” und seit vergangenem Sonntag sogar „extreme Hochkultur”. Die am Sonntag an Karajans Opempublikum verteilten Flugblätter befleißigten sich nämlich einer Deut- lichkeit, die einige andere liebe Leute bei ihren Attacken gegen den neuen Buhmann bisher vermissen ließen. Bisher wußte man nicht so recht, worum es ging, wenn über die Hochkultur hergezogen wurde, und schon gar nicht, welches
Man kann dem österreichischen Kunstpublikum, und auch unseren Kunstbehörden, sicher nicht vorwerfen, den Maler Karl Anton Wolf zu vernachlässigen. Obwohl die Ausstellungseröffnungen einander jagen, fand die Kollektion der zum Teil sehr großformatigen Gemälde, die er in den letzten Jahren geschaffen hat und die bis 28. Mai in der Wiener Junior-Galerie, Seilerstätte 22, zu sehen sind, das Interesse, das ihnen gebührt. Trotzdem gibt es ein Informationsmanko in Sachen Karl Anton Wolf - beim Kunstpublikum, auch dem, das ihn zu kennen meint, ebenso wie bei den öffentlichen Stellen.
Zuletzt ertönen Maschinengewehrsalven. Die Mitglieder der „famüy“ treten einzeln ans Fenster wie zur Hinrichtung. Regisseur Peter Heeg läßt sie im Zeitlupentempo zusammensacken, auf den Boden rollen, zur Ruhe kommen. In Stille endet, was zeitweise kaum zu ertragen war. Denn diese Inszenierung des zweiteiligen Stückes „The Famüy“ - das Theater der Courage spielt nun Teü zwei - des Holländers Lodewijk de Boer, der fünf Jahre lang Geiger im berühmten Concertge-bouw-Orchester war, bevor er zu schreiben begann, strapaziert das Publikum bis an den Rand des Erträglichen. Wer in der