Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Satire in Wort und Bild
Obenstehende Zeichnung heißt „Vorschau auf die achtziger Jahre” und stammt aus dem neuen Ironi- mus-Bildband „Die siebziger Jahre - Zeitgeschehen in der Karikatur 1970-1979” (mit Texten von Markus Peichl, Molden Verlag, 200 Seiten, öS 285,-).
Der Architekt Gustav Peichl wurde bekanntlich als Karikaturist Ironi- mus eine Berühmtheit. Nicht nur in Wien. Karikaturen von ihm erscheinen in der Münchener „Süddeutschen Zeitung” ebenso wie in der Züricher „Weltwoche”.
Hoffen wir nur eines: Daß wir in zehn Jahren diese „Vorschau auf die achtziger Jahre” noch schmunzelnd »betrachten können, ohne zugeben zu müssen, daß leider eine Portion Prophetie in ihr steckte. Sollten wir uns aber in zehn Jahren auch noch einer frischen und hoffentlich sogar frischeren Luft als heute erfreuen können, wird dem Karikaturisten Ironi- mus niemand vorwerfen dürfen, er habe die Zukunft viel zu schwarz gemalt. Denn immer, wenn die Welt noch einmal davonkommt und alles doch nicht so schlimm kommt, wie es hätte kommen können, dürfen sich nicht zuletzt die Schwarzseher und Kassandren aller Härtegrade einen Teil des Verdienstes daran gutschreiben. Wer weiß, wie es ohne sie gekommen wäre?
Der gegebene Anlaß für diese Betrachtungen ist nicht nur das Erscheinen eines neuen Ironimus- Bildbandes, den ich jedem ans Herz lege, der mit mir der Meinung ist, daß uns Karikaturen zum Lachen bringen sollen, daß dieses Lachen aber dann am gesündesten ist, wenn es uns doch auch ein bißchen im Hals steckenbleibt.
Anlaß ist auch die Neugestaltung der letzten Seite der FURCHE. Es soll eine lustige Seite werden - lustig im oben umrissenen Sinn. Karikaturen werden auf dieser Seite eine wichtige Rolle spielen - Karikaturen aller Macharten, aus aller Welt. Auf dieser Seite soll aber auch die Satire wieder einen Stammplatz bekommen, sowie die Glosse als pointierte, formal anspruchsvolle, zeitweise mehr und dann wieder weniger beliebte, aber unsterbliche journalistische Ausdrucksform. Ihr ist ja auch unsere TV-Kolumne verpflichtet, die ebenfalls auf der letzten Seite ihren Stammplatz bekommt.
Lauter negative Sachen also. Pfui. Denn Satiren und Glossen, ganz zu schweigen von den Karikaturen, verteilen ja nur in Ausnahmefällen Streicheleinheiten. Wir wissen: Viele Menschen tun sich schwer mit dem Negativen. Trotzdem: Wirklich - pfui?
Ohne uns mit denen, auf die wir uns berufen, auf eine Stufe stellen zu wollen, was nicht unbescheiden, sondern größenwahnsinnig wäre - schrieb nicht Kurt Tucholsky: „Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist: Er will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an”, und kommt dieser Satz über eine angeblich so negative Ausdrucksform nicht aus positiven Beweggründen?
Gab nicht Jonathan Swift zu bedenken, „daß es mehr Mühe und Geschicklichkeit, mehr Witz, Gelehrsamkeit und Urteilskraft verlangt, ein Buch wirksam zu widerlegen, als darauf verwendet wurde, es zu schreiben” - was oft auch für politische Entscheidungen gilt?
Ganz zu schweigen von Karl Kraus, auf den wir uns in Wien so gerne berufen, seit er uns nichts mehr tun kann.
In diesem Sinne wird um freundliche Aufnahme einer (hoffentlich) gefällig aufgemachten, aber ungefällig gemeinten letzten Seite der FURCHE gebeten.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!