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Neues Schweigen armenischer Schriftsteller?
So wie alle anderen sowjetischen Schriftsteller, haben auch die armenischen Schriftsteller vor Glasnost und Perestrojka unter der Zensur leiden müssen. Für sie war die Breschnew-Ära am schlimmsten, denn es war eine Zeit der Versumpfung. Die einzige Dynamik dieser Zeit bestand in Kritik und Selbstkritik. Einer der erfolgreichen armenischen Dichter und Maler ist Arewschat Awakian.
So wie alle anderen sowjetischen Schriftsteller, haben auch die armenischen Schriftsteller vor Glasnost und Perestrojka unter der Zensur leiden müssen. Für sie war die Breschnew-Ära am schlimmsten, denn es war eine Zeit der Versumpfung. Die einzige Dynamik dieser Zeit bestand in Kritik und Selbstkritik. Einer der erfolgreichen armenischen Dichter und Maler ist Arewschat Awakian.
FURCHE: Herr Awakian, wurden die Schriftsteller früher kontrolliert?
AREWSCHAT AWAKIAN: Es gab öfters solche Situationen. Sogar für Schriftsteller wie zum Beispiel Ler Kamsa, Gurgen Mäher oder Suren Ghasarian, der 1937 inhaftiert war und dann darüber schrieb. Ihre Arbeiten wurden nicht nur nicht veröffentlicht, sondern auch gesperrt. Heute aber sind ihre Bücher erschienen.
FURCHE: Wie war das mit Ihnen. Hatten Sie auch Schwierigkeiten?
AWAKIAN: Manche meiner Dichtungen und Novellen wurden auch abgelehnt. Es waren Schriften über Armeniertum, das heißt, daß sie nationalistischen Charakter hatten. Man war gegen die Veröffentlichungen nationalistischer Gedanken.
FURCHE: Was war erlaubt?
AWAKIAN: Man bekam oft von den Behörden Aufträge. Aber solche Bücher zu schreiben war nicht jedermanns Sache. Das waren kurzlebige Bücher.
FURCHE: Und heute?
AWAKIAN: Heute ist ein Zeitungsboom entstanden. Fast täglich erscheinen neue Tageszeitungen oder Wochenzeitschriften. Um Leser zu gewinnen, schreiben sie über alles mögliche, begonnen von Nudismus, Wahrsagerei, Astrologie oder Erotik.
FURCHE: Gibt es keine Zensur mehr?
AWAKIAN: Nicht direkt. Heute kann man über alles schreiben, ja sogar
jeden beliebigen Politiker kritisieren oder beschimpfen. Vorsicht muß man jedoch beim Kritisieren von einheimischen Persönlichkeiten walten lassen. Es gibt jetzt viele kleine „Stalins", die gefährlich werden können.
FURCHE: Auch in Armenien? AWAKIAN: Leider ja. Auch bei uns.
FURCHE: Welche Bücher werden jetzt herausgegeben?
AWAKIAN: Mit den Veröffentlichungen ist es jetzt anders geworden, war es früher der Staat, der die Bücher herausgab, sind es heute private Verleger. Und diese verlegen nur Sensationsschriften, über sexuelles Leben, Skandale und dergleichen. Deswegen bringen viele seriöse Schriftsteller
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Wir lieben unsere Heimat sehr, aber Nationalisten waren wir nie...
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heute keine Bücher heraus. Sie schreiben natürlich, aber veröffentlichen wollen sie es nicht.
FURCHE: Was ist mit Ihnen? AWAKIAN: Ich veröffentliche auch nicht.
FURCHE: Warum?
AWAKIAN: Wissen Sie, in diesem Wirr-Warr der Westomanie, das unser Volk befallen hat, erweckt eine Dichtung sehr wenig Interesse.
FURCHE: Und die nationalistischen Bücher?
AWAKIAN: Wir Armenier sind leider keine echten Nationalisten. Wir lieben unsere Heimat sehr, aber Nationalisten waren wir nie. Wenn wir in der Geschichte zurückblättern, werden wir sehen, daß wir lieber anderen Mächten gedient haben, daß wir Fremden nachgelaufen sind. Wir
haben unsere Hoffnungen auf ihre Hilfe aufgebaut, aber immer wieder sind wir von ihnen enttäuscht worden. Es fehlt bei uns eben ein wirklich nationalistisches Gefühl. Wir haben leider diese Erziehung nicht genossen. Das ist unser Minuspunkt.
FURCHE: Es gibt aber eine armenische National-Bewegung.
AWAKIAN: In der Masse ja, aber nicht bei den Gelehrten und Intellektuellen. Aber gerade diese Schicht leitet das Volk.
FURCHE: Woher dann diese Bewegung?
AWAKIAN. Ich fürchte, man führt das Volk in die Irre.
FURCHE: Sie sind auch ein erfolgreicher Maler. Sie hatten Ausstellungen im Ausland. Welcher internationale Stellenwert gebührt der armenischen Malerei?
AWAKIAN: Ich fühle mich zuerst als Dichter und dann als Maler. Aber zu Ihrer Frage. Meiner Ansicht nach sind unsere heutigen Maler, international gesehen, sehr hoch zu schätzen. Ich bin überzeugt, daß man über die armenische Malerei im 21. Jahrhundert sehr viel zu berichten haben wird. Aber genauso hoch schätze ich auch die armenische Literatur ein. Der Unterschied liegt darin, daßdie Schriften übersetzt werden müssen, um sie lesen und schätzen zu können. Die Malerei aber braucht nicht übersetzt zu werden.
Das Gespräch mit Arewschat Awakian führte Artem Ohandjanian.
Reiner Rechtslehrer
Robert Walter, seit 1975/76 Ordinarius an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, erhielt zu seinem 60. Geburtstag von Schülern und Freunden eine Festschrift verehrt, die mehr als eine Pflichtübung darstellt. Zum einen, weil es sich bei Robert Walter um eine hervorragende Juristenpersönlichkeit handelt, die als unbeugsamer Verfechter der „Reinen Rechtslehre" Hans Kelsens und als Rechtstheoretiker Ansehen genießt und Einfluß ausübt, zum anderen, weil sich in diesem Falle besonders viele und renommierte Kollegen an der Ehrung beteiligt und sich mit gewichtigen Beiträgen eingestellt haben. So zum Beispiel der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Ludwig Adamovich, mit ebenso aktuellen wie philosophisch fundierten Überlegungen zum Thema „Autorität" und der Würzburger Rechtsgelehrte Horst Dreier, der die Rechtspositivisten gegen den gängigen Vorwurf verteidigt, die Weimarer Republik gegenüber dem Nationalsozialismus wehrlos gemacht zu haben.
Robert Walter ist aber nicht nur ein engagierter Verteidiger der
„Reinen Rechtslehre" Hans Kelsens, der sich vehement ins Zeug legt, wenn die Lehre des großen österreichischen Juristen unsachlich dargestellt und angegriffen wird. Er ist auch selbst insofeme ein reiner Rechtslehrer, als bei ihm der Ausdruck Professor nicht mit Profit und Eigennutz zusammenhängt, sondern dem Wortsinn nach vom lateinischen profiteri, also bekennen, abgeleitet ist. Walter kommt dem Ideal Max Webers, daß wissenschaftliche Persönlichkeit nur der hat, der „der Sache" er- und hingegeben ist, möglichst nahe. Er ist daher auch in dem Sinne „rein", als es ihm, selbst auf die Gefahr hin, als trocken und weltfremd zu erscheinen, um die reine Wahrheit geht, die er mit Strenge gegen sich und andere zur Geltung bringt. Es ist daher kein Wunder, daß er über vierzig Persönlichkeiten mit Rang und Namen in dieser Festschrift um sich versammelt und zu umfasssenden Aussagen motiviert hat.
Norbert Leser
FESTSCHRIFT FÜR ROBERT WALTER ZUM 60. GEBURTSTAG. Herausgegeben von Heinz Mayer u. a. Verlag Manz, Wien 1991.786 Seiten, öS 1.420.-
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