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Spielerei fur Padagogen?

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Am 25. Mai findet nunmehr die langerwartete konstituierende Sitzung des Gründungskuratoriums der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt statt. Damit erhält Österreichs heißumkämpftes Hochschulprojekt ein „Ersatzprofessorenkollegium“, welches dann die weiteren Schritte zum Aufbau der ersten Stufe des Projektes in Angriff nehmen kann.

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Am 25. Mai findet nunmehr die langerwartete konstituierende Sitzung des Gründungskuratoriums der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt statt. Damit erhält Österreichs heißumkämpftes Hochschulprojekt ein „Ersatzprofessorenkollegium“, welches dann die weiteren Schritte zum Aufbau der ersten Stufe des Projektes in Angriff nehmen kann.

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Unterrichtsminister Leopold Gratz hat die noch von Minister Dr. Mock mit dem Kärntner Landeshauptmann Sima ausgearbeitete Liste der Kuratoriumsmitglieder unverändert übernommen. Die Zusammensetzung des Gründungskuratoriums ist außerordentlich fortschrittlich und stellt unter den in Österreich gegebenen Verhältnissen eine optimale Besetzung dar. Alle Versuche, auch erklärte Gegner des Projektes in das Gründungskuratorium zu bringen, konnten von den Kärntnern, denen ihr Projekt wirklich sehr am Herzen zu liegen scheint, abgewehrt werden. Auch die „Philosophen unter den Pädagogen“ haben eine Niederlage einstecken müssen. Die Zusammensetzung gibt Gewähr, daß die empirische Bildungsforschjung, die in Österreich so lange vernachlässigt wurde, wenigstens in Klagenfurt berücksichtigt werden und daß das gesamte Hochschulprojekt nicht zu einer neuen philosophischen Fakultät nach vorhandenen Mustern gestaltet wird.

Das Projekt Klagenfurt hat aber nach den Vorstellungen sedner Erfinder noch eine besondere Aufgabe zu erfüllen. Nicht nur die wissenschaftliche Lehre und Forschung, sondern auch die Erarbeitung von wissenschaftlich fundierten Modellen für die künftige Gestaltung des österreichischen Bildungswesens soll in den Aufgabenbereich dieser Hochschule fallen. Weiter soll die Hochschule die Funktion einer wissenschaftlichen Weiterbildungszentrale für Lehrer aller Schultypen erfüllen. In dieser Hinsicht hätte also die Hochschule eine weit über den Rahmen der Hochschulverwaltung des Bundes hinausgehende Aufgabe fü das gesamte Bildungswesen Österreichs.

Nun sieht aber das neue Kompetenzgesetz eine Trennung der Hochschulverwaltung von der Unterrichtsverwaltung vor. Die Hochschule Klagenfurt soll in Zukunft — wenn dieses Gesetz “beschlossen wird — dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur (?) unterstehen, während der gesamte Bereich des Bildungswesens, vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung, dem Restunterrichtsministerium verbleibt. Aus dieser Kompetenzspaltung ergeben sich Gefahren und Schwierigkeiten für die Erfüllung der Aufgaben, die der Hochschule Klagenfurt zugedacht sind. Die Un-terrichtsverwaltung wird weniger denn je bereit sein, die wissenschaftlichen Ergebnisse der zum „anderen Ministerium“ gehörenden Hochschule Klagenfurt zu akzeptieren. Die ressorteigene Forschung, betrieben von Schulpraktikern ohne moderne theoretische Fundierung, wird unter diesen Umständen wieder Auferstehung feiern. Anderseits werden wohl die Arbeiten der Hochschule nicht in gewünschtem Umfang auf die praktischen Erfordernisse der Schulreform und die Aufgaben der Unterrichtsverwaltung Rücksicht nehmen. Durch eine solche Entwicklung könnte aber das zukunftsweisende Modell der Hochschule in Klagenfurt wieder in beträchtliche Schwierigkeiten geraten. Unterrichtsminister Gratz hat- zur Fortsetzung der Schulreform die Durchführung einer Reihe von Schulversuchen angekündigt. Werden diese Schulversuche jetzt zu Spielereien von Schulpädagogen ohne wissenschaftlichen Wert werden?

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