"Dieses Haus ist ein Kunstwerk"

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Gustav Klimts letztes Atelier ist vom Verfall bedroht. Die Republik ist gefordert.

Immer wieder verliefen Nachforschungen über Gustav Klimts letztes Atelier, das sich nach Angabe von Zeitzeugen im 13. Bezirk, Feldmühlgasse 11 (früher Wittegasse 15) befunden hat, im Sande. Lange diente die alte Villa, die sich in beklagenswertem Zustand befindet, der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Textilindustrie und Datenverarbeitung. Die Republik Österreich als Eigentümer des Grundstücks wollte sich von dieser Liegenschaft trennen und sie zum Verkauf anbieten. Daher wandte sich ein Kreis interessierter Persönlichkeiten an das Bundesdenkmalamt. Dieses stellte jedoch in einem schriftlichen Bescheid vom 3. Juni 1998 an die Republik Österreich fest: "Recherchen haben ergeben, dass es sich bei der sogenannten Villa Klimt' nicht um jenes Gebäude handeln kann, das Gustav Klimt in seinen letzten Jahren als Atelier benützt hatte ..." Daraufhin beantragte die Republik Österreich die Aufhebung der jahrzehntealten Widmung "Öffentliche Zwecke" für die Klimt-Villa und den parkähnlichen Garten bei der Stadt Wien, die in Entwurf II des Flächenwidmungsplanes auch plötzlich gelöscht wurde.

Um die Identität der Villa nachweisen zu können, setzte eine umfassende Suchaktion in grundbücherlichen Aufzeichnungen ein. 1998 wurde man endlich fündig. Baupläne des Baumeisters Rudolf Hauk von 1922 beweisen eindeutig, dass das Atelier in seinen Originalmaßen eingezeichnet war. Zusätzlich geht aus den Katasterplänen der Jahre 1901 bis 1910 hervor, welche Häuser damals existierten, darunter das Haus auf Grundstück 150, auf welches die Beschreibung eines Zeitzeugen, "ein schlichtes eingeschössiges Landhaus", zutrifft. Wichtiges weiteres Indiz ist ein historisches Foto des Sezessions-Fotografen Moriz Nähr von 1918 aus dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, das exakt mit der Raumdarstellung in den Bauplänen übereinstimmt. Aufgrund dieses Bilddokumentes konnte sogar die später vermauerte Tür gefunden werden. Übereingestimmt hat auch die in der Literatur genannte Besitzerfamilie des Ateliergebäudes, nämlich die Familie des Möbelfabrikanten Julius Herrmann, mit den Angaben im Hietzinger Grundbuch.

Nach dem unerwartet raschen Tod Gustav Klimts durch Hirnschlag am 6. Februar 1918 legte Egon Schiele in einem Brief nahe, dass "seine Freunde in Hietzing das Haus samt Garten und Einrichtung kaufen sollten. Nichts sollte weggenommen werden - denn das Gefüge des Klimt-Hauses ist ein Ganzes, ist selbst ein Kunstwerk, welches nicht zerstört werden dürfte." Bedenkt man, dass nicht nur Klimts Geburtshaus nicht mehr existiert, sondern auch die beiden Ateliers im sechsten Bezirk in der Sandwirtgasse 8 und im achten in der Josefstädter Straße 21 der Spitzhacke für Neubauten zum Opfer fielen, bleibt nunmehr dieses letzte Atelier in der Feldmühlgasse. Auf einem zeitgenössischen Foto, das im Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek bewahrt wird, zeigt sich dieses Atelier um 1917/18 mit den unvollendet gebliebenen Klimt-Bildern "Die Braut" und "Dame mit Fächer". Wichtiges Beweisstück zu Egon Schieles Brief, in welchem der letzte Satz lautet: "Auch die unfertigen Bilder, Pinsel, Maltisch und Palette sollten unberührt bleiben und als Klimt-Museum für die wenigen, die Freude und Liebe für Kunst haben, zugänglich sein."

Zwar steht nach den vielen Aktivitäten des Vereins "Gedenkstätte Gustav Klimt" das Haus mit umgebendem Garten in einer "Schutzzone". Doch wurde trotz vieler Bemühungen aus dem In- und Ausland das endgültige Ziel des "Denkmalschutzes" für die neobarocke Villa und die 5.451 Quadratmeter umfassende Liegenschaft - Klimts geliebten Garten von einst - nicht erreicht.

Dringlich wäre mittlerweile die Generalsanierung und -renovierung aus staatlichen und privaten Finanzmitteln, da derzeit die Räumlichkeiten unbeheizbar sind. Es können daher die in den Sommermonaten viel besuchten Ausstellungen, Lesungen und Konzerte im Winter nicht stattfinden. Die Republik Österreich, in deren Besitz sich die Liegenschaft seit 1954 befindet, ist aufgerufen, endlich die Entscheidung des Denkmalschutzes für Gustav Klimts letztes Atelier zu treffen.

Informationen unter www.klimt.at

Öffnungszeiten: Bis 23. 2. 2003 an

Sonn- und Feiertagen sowie am 24. und 31. 12. von 14 bis16 Uhr oder gegen tel. Voranmeldung: 0664/4015717

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