Das Wunder von Fatima - © Drei Kinder … Francisco, Jacinta und Lúcia (Sarah Gil) bei den  Erscheinungen anno 1917

Erscheinungsweise: "Das Wunder von Fatima"

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Marco Pontecorvo erzählt in „Das Wunder von Fatima“ die Geschichte der Marienerscheinungen von Fátima nach. Eine filmische Beobachtung. Keine Hinterfragung.

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Marco Pontecorvo erzählt in „Das Wunder von Fatima“ die Geschichte der Marienerscheinungen von Fátima nach. Eine filmische Beobachtung. Keine Hinterfragung.

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Marienerscheinungen und deren Folgen gehören zur Geschichte der katholischen Kirche wie das Amen zum Gebet. Auch wenn die Kirche ihren Schäfchen nicht den Glauben an derartige Offenbarungen abverlangt, haben durch die Jahrhunderte diese Manifestationen buchstäblich Millionen angezogen – auch Päpste waren und sind unter den Pilgerscharen an diesen Orten.

Fátima in Portugal ist ein diesbezüglicher Ort der Superlative Vor 104 Jahren – es wütete noch der Erste Weltkrieg – erschien drei Kindern eine Frau über mehrere Monate hinweg. Die Visionen von Lúcia, Francisco und Jacinta erregten bald Aufsehen und versammelten eine steigende Schar von Gläubigen, die am 13. Oktober 1917 Zeuge des so genannten Sonnenwunders wurde.

Regisseur Pontecorvo versteht sich als Beobachter, aber er hinterlässt keine Zweifel am Geschehen.

Die damalige laizistisch-republikanische Obrigkeit, aber auch die bischöflichen Behörden waren, gelinde gesagt, skeptisch. Drei Botschaften wollten die Kinder gehört haben, die aber erst in den 1940er Jahren Lúcia dos Santos, die Überlebende der drei (Jacinta und Francisco starben im Kindesalter an der spanischen Grippe) niederschrieb – das dritte Geheimnis wurde überhaupt erst im Jahr 2000 vom Vatikan veröffentlicht.

6,3 Millionen Pilger

Im Vor-Coranajahr 2019 kamen 6,3 Millionen Pilger nach Fátima - so viele wie nirgends in Europa. Stoff für einen Film im Hollywood-Stil bieten die portugiesischen Vorgänge allemal, der Film „Das Wunder von Fatima“ des italienischen Regisseurs Marco Pontecorvo schildert die Vorgänge in der portugiesischen Kleinstadt anno 1917 – bis zum Sonnenwunder, durch das der Siegeszug der Botschaft von Fátima durch die Welt begann.

Erzählt wird das eingebettet in eine Rahmenhandlung, in der der religionskeptische Uni-Professor Nicholas (dargestellt vom Hollywood-Haudegen Harvey Keitel) die alte Nonne Lúcia, die im Karmel von Coimbra lebt, über die Erscheinungen befragt. Sonst beschränkt sich der Film auf die Darstellung der Erlebnisse der drei Kinder und der Wirkung davon.

Mit viel lichtvollen Naturaufnahmen und kraftvoller Musik versucht Pontecorvo, die Stimmung zu vermitteln, in der die Botschaften entstanden sind und rezipiert wurden – auf jeden Fall eine Zeit der Not und des Umbruchs: Der ungläubige laizistische Bürgermeister Arturo (Goran Visnjic), der auch den Tod vieler Söhne der Stadt bei einer der Schlachten im Krieg verkünden muss, sucht die Kinder abzuhalten, weiter an die Begegnungen mit der fremden Frau, die als Maria identifiziert wird, zu glauben.

Der Film nimmt nicht explizit Stellung, sondern versucht die Ereignisse nachzuzeichnen, aber indem er das unkritisch tut, wird die Positionierung doch klar. Auch dass in der Rahmenhandlung ein skeptischer Professor auftritt, relativiert das nicht; denn die Dramaturgie weist der alten Schwester Lúcia (die von der brasilianischen Schauspielerin Sônia Braga dargestellt wird) die dominante Rolle zu. Zusammengefasst kann man sagen: Regisseur Pontecorvo versteht sich als Beobachter , aber er hinterlässt keine Zweifel am Geschehen Das ist wohl legitim, wenn man die Wirkmächtigkeit von Fátima für die katholische Kirche in Betracht zieht: Auch wenn der Film mit überraschend wenig Anklängen an Kitsch auskommt, bleibt er auf der Stufe eines naiven Gemäldes stehen – gut gespielt (insbesondere von Stephanie Gil als junge Lúcia). Aber kritische Beobachtung sähe anders aus.

Abgebildete Realität. Nichts zu fragen.

Man erinnert sich etwa an die Annäherung der österreichischen Regisseurin Jessica Hausner, der 2009 mit „Lourdes“ eine filmisch gelungene Beobachtung des anderen großen Marienwallfahrtsortes in Europa gelungen ist. Hausner trat gleichfalls als Beobachterin und nicht als Gläubige oder Zweiflerin auf, aber in dem teilweise ironischen Blick auf den Kosmos der nach Wunderheilung verlangenden Klientel, die sich in diesen Wallfahrtsorten tummelt, wird keineswegs der Glaube dieser Menschen in Frage gestellt oder lächerlich gemacht, aber der distante Blick lässt auch Raum für Fragen und Unklarheit offen.

Genau das tut Pontecorvos „Wunder von Fatima“ nicht. Er perpetuiert das Zeugnis von Lúcia und der anderen Kinder von Fátima und lässt dies als Realität stehen. Man kann auch konstatieren: Für Hollywood ist Fátima mehr als ok, die Ereignisse geben Stoff für einen Film aus der Traumfabrik. Was will man mehr?

Wer mit diesem Blickwinkel zufrieden ist, wird mit dem „Wunder von Fatima“ gut bedient. Fragensteller hingegen dürfen sich von diesem Zugang nichts erwarten. Die Frau, die nur die drei Kinder sehen konnten, war wirklich da. Und die Geschichte von Fátima zeigt ja, dass die Kinder recht gesehen haben. Warum sollte das ein Film dann in Frage stellen?

Das-Wunder-von-Fatima_Poster - © Polyfilm
© Polyfilm
Film

Das Wunder von Fatima (Fatima)

USA/P 2020.
Regie: Marco Pontecorvo.
Mit Sarah Gil, Goran Visnjic, Harvey Keitel, Sônia Braga.
Polyfilm. 113 Min.

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