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Von der blühenden Textilindustrie zur Museumslandschaft

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Zu interessanten Objekten eines aussterbenden Produktionszweiges führt der „Waldviertier Textilstraßenführer“ - Aufstieg und Niedergang im praktischen Anschauungsunterricht.

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Zu interessanten Objekten eines aussterbenden Produktionszweiges führt der „Waldviertier Textilstraßenführer“ - Aufstieg und Niedergang im praktischen Anschauungsunterricht.

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Die reiche Geschichte der Weberei datiert im Waldviertel schon aus der Erstbesiedelung und dem Mittelalter. Die rapiden Veränderungen begannen im 18. Jahrhundert, als Massennachfrage gesteigerte Produktion und die Heranziehung des neuen Rohstoffs Baumwolle nötig machten. Lange Zeit blieb die Erzeugung aber noch Handarbeit, neue Menschengruppen wurden angesiedelt, um als Arbeitskräfte zur Verfügung zu stehen.

Um 1800 begann die Mechanisierung. Nur das Spinnen oblag in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts schon Maschinen, die Weberei wurde in Heimarbeit vergeben. Praktisch alle Familienmitglieder wurden gratis beim Spulen oder in der Nachbearbeitung eingespannt. Fabrikanten und Großhändler in Wien verlegten die Arbeiten ins flache Land und an Wasserläufe, wo Bodenpreise und Löhne geringer waren. Kaiser Franz I. erließ ein Ansiedlungsverbot für die nähere Umgebung Wie’ns, weil er das Anwachsen eines Industrieproletariats fürchtete.

Weben wurde im Waldviertel besonders bei Mädchen Teil des Schulunterrichts. Wer es beherrschte und zwei Jahre nachweislich ausgeführt hatte, durfte heiraten, wurde bei der Haushaltsgründung unterstützt. Das war vor allem bei unterbäuerlichen Schichten von großer Bedeutung, deren Angehörige sonst nur Knechte oder Mägde hätten werden können.

Drei sehr unterschiedliche Museen in Weitra, Groß-Siegharts und Waidhofen an der Thaya widmen sich der Dokumentation der frühen Industrialisierung in der Textilerzeugung, ein „Waldviertler Textilstraßenführer“ ist erschienen.

Das soziale Umfeld der Weber, die als Kleinhäusler außerhalb der Stadttore lebten, ist bei den Präsentationen mitberücksichtigt, die Häuschen sind betretbar, Kartof- feläckerchen hinter dem Haus, Kleinviehstall, der Hof, in dem nach der Arbeit Holz gemacht, gewaschen, oder für die Ausstattung der Töchter sogar Federn geschleißelt wurden, sind zu sehen. Auch das Kontor einer Faktorei mit Einrichtungsgegenständen und der alten Buchhaltung sind komplett. Verschiedene manuelle oder maschinelle Bandwebegeräte können heute noch in Tätigkeit gesetzt werden, romantische Betriebsanlagen an stimmungsvollen Flußufem sind zu bewundern.

Noch heute finden Posamentenweberei, Strick- und Wirkwaren, Frottee oder Dessinkartenerzeugung ihren Absatz; die Firma Backhausen in Hoheneich, seit 1800 renommiert, zeigt Corn puter-Webprogramme

ebenso wie die Jugendstilmuster. Die Designwerkstatt in Schloß Primmersdorf stellt gemeinsam mit der Hochschule für angewandte Kunst Siebdrucke her.

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