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Der Fall ereignete sich kurz vor Weihnachten: Unbekannte zerstörten in der Wiener Universitätskirche (Jesuitenkirche) das "Legokreuz" des Otto-Mauer-Preisträgers Manfred Erjautz, das seit seiner Aufstellung 2004 Debatten hervorrief. Nicht nur daran erhitzten sich die Gemüter, dass das Kreuz aus Lego-Bausteinen aufgebaut war; vor allem die Tatsache, dass sich im Schnittpunkt der Kreuzbalken ein Lego-Lastauto befand, stieß auf Unverständnis.

Einige Monate zuvor gab es eine heftige Diskussion um die Ausstellung des "gekreuzigten" Frosches von Martin Kippenberger in einem Bozener Museum - sogar der Papst wurde bemüht, um die Skulptur des 1997 verstorbenen Künstlers als "die religiösen Gefühle vieler Menschen" verletzend zu brandmarken.

Und wenig früher musste in der großen Hrdlicka-Ausstellung im Wiener Dommuseum die Radierung "Leonardos Abendmahl, restauriert von Pier Paolo Pasolini" abgehängt werden - weltweite Proteste, darunter des Berlusconi-Blattes Il Giornale in Mailand, führten dazu, dass diese Darstellung einer Männer-Orgie in einem kirchlichen Museum nicht mehr tragbar war.

Eigentlich sonderbar, welche Aufregung in Zeiten von Anything goes hierzulande noch möglich ist. Aber man muss die Auseinandersetzungen auch dahingehend deuten, dass bei der Paraphrasierung religiöser Inhalte - und um eine solche handelt es sich meistens - sich eine Gruppe religiöser Menschen zutiefst getroffen fühlt.

Die eigentlichen Blasphemien

Man mag das psychologisierend abtun - dass es Verletzungen gibt, bleibt dennoch evident. Umgekehrt hat aber auch jede provokante künstlerische Auseinandersetzung mit Religion das Recht, als künstlerisches Geschehen ernst genommen zu werden. Man soll und darf darum streiten. Die Kunst sollte sich nie zu gut für solchen Streit sein. Aber auch die Religion nicht.

Man darf als Christ hinzufügen: Gott muss vor der Kunst nicht bewahrt werden - viel eher wollen Menschen vor unbequemem oder unverstandenem Umgang der Kunst mit Religion geschützt werden. Mag sein, dass dieses Anliegen im Einzelfall rechtens ist. Um das zu klären, sind in einer demokratischen Gesellschaft erstens der öffentliche Diskurs und zweitens der Rechtsstaat da.

Und man muss darauf hinweisen: Wenn es aktuell so etwas wie Blasphemie gibt, dann betrifft diese kaum die Kunst. Der Missbrauch Gottes besteht vielmehr darin, ihn als "Kriegsherren" zu benutzen oder mit falsch verstandener Frömmigkeit die schreienden Ungerechtigkeiten dieser Welt zu verschleiern. Keiner sage, dass dies in der gegenwärtigen Weltlage nicht tagtäglich passiert. Jedenfalls der christliche Gott dürfte dafür niemals herhalten müssen.

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