Ideologische Lähmungen

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Es sind besonders die Tage hoher politischer Dramatik, die eigentlich dazu anhalten sollten, die politischen Grabenkämpfe sein zu lassen, und sich dem ohnehin katastrophal Eingemachten zu widmen. Zumeist bietet sich aus der etwas kühleren Distanz ein besserer Überblick über die Lage. Vor allem, was die Zukunft Griechenlands betrifft. Wenn man aber einzelne Beiträge und Zurufe sieht und hört, wird schnell klar, dass im Moment das Gegenteil der Fall ist. Dass also manche, je ernster die Lage wird, umso begeisterter ins Messer ihrer eigenen Vorurteile rennen. Unnötig zu betonen, dass das bitter enden wird.

Das betrifft nicht nur die Politiker, sondern auch ihre Ratgeber. Auf der einen Seite witzelt der konservative Hans Werner Sinn die Griechen schon einmal raus aus dem Euro ("Zwei Jahre nach dem Grexit wird's schon besser werden."). Auf der Gegenseite tappt Nobelpreisträger Joseph Stiglitz in die Falle: Die EU veranstalte einen "Machtpoker" und lege es darauf an "die Regierung der linken Syriza scheitern zu lassen".

Dazu kann man aber schon einmal festhalten, dass an einem Pokertisch mehr als ein Spieler sitzt - und die exakt gleichen Vorwürfe also auch gegen Athen gerichtet werden können - Pokern mit höchstem Einsatz (das griechische Staatswesen und der Euro als Ganzes). Natürlich war die Politik der Troika ein Exempel ökonomischer Dummheit. Aber an der aktuellen Verhandlungsmisere sind Tsipras und Varoufakis mindestens ebenso mitbeteiligt, wie der Rest der Eurogruppe.

Sowohl die Linke als auch die populistischen Rechten beklagen, dass die EU den Griechen die demokratische Entscheidung einer Volksabstimmung nehmen wolle. Aber wer hat denn diese Abstimmung gefordert? Das Volk war es nicht. Das Volk wollte auch sicher keine geschlossenen Banken. Und genau dafür sind doch Verhandlungen letztlich da: Dass solche Dinge nicht passieren - und wenn das auch die Federn der eitlen Hähne Tsipras oder Schäuble kosten sollte. Die Frage des Euro ist weder eine ideologische noch eine Frage persönlicher Ehre. Sie ist eine Frage des Verstandes. Und der scheint beiden Lagern in tragischer Weise zur Gänze zu fehlen.

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