Kein lieber Schwan, ach Elsa …

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Die Neuproduktion von Wagners "Lohengrin“ an der Grazer Oper kann als gelungen bezeichnet werden: fast keine szenischen Unsinnigkeiten, musikalisch eindrucksvoll.

Etwa in Zwanzig-Jahre-Abständen besucht der Schwanenritter Lohengrin die Grazer Oper. Diesmal mit viel Delikatesse. Was wir uns nicht erwartet hätten: dass nämlich der Regisseur Johannes Erath, der Graz einen schockierend miesen "Don Giovanni“ beschert hat, ausgerechnet mit dem "Lohengrin“ (vor genau 150 Jahren erstmals in Graz aufgeführt) einen weitgehend zauberischen Bildersturm entfesseln können würde.

Aber so war es in der Grazer Oper wirklich: Schwanenfedern schneiten übers Orchestervorspiel. Elsa war auch optisch ein Mädchen und keine Matrone. Die Mannen und ihre Damen wurden von Christian Lacroix in Eleganz von 1860/70 gehüllt, König Heinrich gar in den blauen Krönungsmantel von Ludwig II. Richard Wagner im Samtbarett fläzte sich im ersten Aufzug über dem Schelde-Ufer.

Unromantisches Brautgemach

Eine Caspar-David-Friedrich-Vedute beherrschte Anfang und Ende. Unromantisch modern war nur eine Szene: Das Brautgemach ist ein hochgefahrener Frühstücksraum, in dem Elsa, von der gouvernantenhaften Hexe Ortrud ferngesteuert, die tragische Frage stellt. Bis auf ein unmotiviertes Kellnerballett war nichts Sinnloses dazu erfunden.

Dirigent Julien Salemkour von der Berliner Staatsoper Unter den Linden konnte mit den Streichern und Blechbläsern schwelgen, die drei beteiligten Chöre bekamen zu Recht Szenenbeifall.

Ausgerechnet eine Woche vor der Premiere erwischte die kalte Welle an der Mur den ins Wagner-Fach strebenden Mozart-Tenor Johannes Chum und der Wiener Herbert Lippert musste für ihn einspringen. Etwas rau und trotzdem dünn im ersten Aufzug, mitreißend aber an seine Grenzen singend im Brautgemach und im Gralserzählungsfinale packte der Tenor sein spätes Rollendebüt.

Jugendliche Statur, sensibles Auftreten, delikate Stimmführung nahmen für die sympathische blonde Amerikanerin Sara Jakubiak als Elsa ein, die ihre Partie nicht schrie oder knödelte, sondern wortdeutlich gestaltete.

Ihr ebenbürtig der bulgarische Bassbariton Anton Keremidtchiev, schlank und bühnenbeherrschend als Graf Telramund, deklamatorisch wie sängerisch mit finsterer Bassgrundierung ideal.

Die blaue Mark

Seine aus den Fugen gehende Ortrud hatte leider nur teilweise eine ähnlich wirkungsvolle Präsenz - trotzdem war die Amerikanerin Michaela Martens nicht ohne Wirkung.

Ensemblemitglied André Schuen als schlanker Heerrufer dämpfte das Teutonen-Sieg-Heil und die textliche Führer-Verbeugung, doch für das steirische Wahlergebnis am Folgetag viel zu diskret. Derrick Ballard aus Denver zeigte wenig vokale Herrschergewalt.

Lohengrin, Grazer Oper

5., 11., 20., 24., 27., 30. Oktober, 10. November, 13., 20. Dezember

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