Machtgeschichte hinter sich lassen

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Freiheit für/von Religion?

Säkularisierung ist ein Prozess auf mehreren Ebenen. Dass Wirtschaft, Recht und Politik nicht religiöser Dominanz unterliegen dürfen, ist in freiheitlichen Gesellschaften unbestritten. Unbestritten ist auch die aktive und passive Religionsfreiheit, also die Lizenz an den Einzelnen, im Rahmen der geltenden Gesetze religiösen Praktiken und Anschauungen anzuhängen - oder eben auch nicht.

Höchst umstritten aber ist die Ebene zwischen Individuum und Sozialstruktur. Sobald religiöse Praktiken in den öffentlichen Raum ausstrahlen und damit zu Macht- und Statusfragen werden oder mit allgemein gültigen Gesetzen und Normen in Konflikt treten, beginnen die Auseinandersetzungen.

Es ist verständlich, wenn Religionsgemeinschaften solche Konflikte als Bedrohung der eigenen Identität erleben. Der genaue Grenzverlauf zwischen aktiver Religionsfreiheit und gesetzlichen Normen wird aber immer wieder neu ausgehandelt werden müssen. Es ist notwendig, diese Auseinandersetzungen im Rahmen einer kritischen Öffentlichkeit zu führen und des demokratischen Rechtstaates zu entscheiden.

Vertrauen aber wird man Religionsgemeinschaften, wenn sie eine Kultur der Aufmerksamkeit und der Ehrlichkeit pflegen, sich mit der eigenen Botschaft den Existenzproblemen der Menschen von heute stellen, dabei versuchen, mit dem Schatz des eigenen Erbes, um es katholisch zu formulieren, ein "allumfassendes Sakrament des Heiles“ zu sein und - das gilt in Österreich vor allem für meine Kirche - ihre eigene Machtgeschichte entschlossen hinter sich lassen. Schließlich hat sich diese Kirche verpflichtet, "das Werk Christ weiterzuführen, der in die Welt kam, um der Wahrheit Zeugnis zu geben; zu retten, nicht zu richten; zu dienen, nicht sich bedienen zu lassen.“ (II. Vatikanum, Pastoralkonstitution "Gaudium et spes“)

Der Autor ist kath. Pastoraltheologe an der Universität Graz

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