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Durch die enorme Wirkung der Massenmedien, vor allem des Fernsehens, ist die seit langem bestehende Verbundenheit der Politik mit dem Theater gefährlich eng geworden. Gefährlich deshalb, weil ein exzellenter Schauspieler zwar einen Politiker faszinierend darstellen kann, jedoch ohne im geringsten gute Politik betreiben zu können. Ronald Reagan, wie die Weltgeschichte zeigte, könnte da eine Ausnahme gewesen sein. Melina Mercouri machte als griechische Kulturministerin nicht einmal spektakuläre Fehler. Trotzdem ist die Theaterhaftigkeit oder gar Fernseheignung der heutigen Politik eine enorme und zunehmende Gefahr: gut erscheint, was ankommt, was Wählerstimmen bringt, was den jeweiligen Politiker scheinbar aufbaut. Scheinbar. Denn die Realität kann ganz konträr sein.

Wie sehr aber auch gewisse eherne Gesetze des Schauspielerdaseins auf den Politiker übergreifen, zeigt sich an Jörg Haider. Seit sich seine Partei in schwerer Krise befindet, ist er umsomehr zur tragenden Rolle veranlaßt - und damit muß er richtig besetzt sein.

Dabei entsteht nun für ihn ein großes Problem, das einem Theaterkundigen zunehmend auffällt. Mit dem Wachstum seiner Partei stellte nämlich nicht nur seine Position andere Anforderungen, auch seine Rolle mußte sich wandeln. Nach dem jugendlich-ungestümen Aggressor, dem emotional leidenschaftlichen Kritiker, dem man Übertreibungen und Übergriffe als Jugendsünden verzeihen mochte, begann seine neue Rolle als verantwortungsvoller, realitätskundiger, erfahrener und besonnener Staatsmann. Längst müßten bei ihm die sich ankündigenden Spuren des elder Statesman durchschimmern - aber wo kann man derlei an ihm entdecken?

Am Theater kennt man viele beifallumtoste jugendliche Helden und Liebhaber, die den Übergang ins neue Rollenfach nicht schafften. Sie wurden brave Chargenspieler, an deren einstigen Ruhm sich nur mehr das ältere Publikum erinnert. Äußere Veränderungen helfen nichts, wenn das Charisma nicht in die neue Rolle nicht hinübergerettet werden konnte. Wer dann immer noch Jugend spielt, seinem einstigen Charme vertraut, tut genau das Verkehrte. Die Auftritte werden peinlich, und das Publikum erkennt, daß der einstige Romeo oder Siegfried das nicht einmal merkt. An Jörg Haider kann der geübte Theatermann interessante Beobachtungen erwarten.

Erratum Betrifft: "Die Damen zeigen, wo's lang geht", Furche 34/98, Seite 11: Die Mozart-Oper heißt natürlich "Le Nozze di Figaro" und das dazugehörige Bild ist spiegelverkehrt. Die Redaktion entschuldigt sich für diese Fehler, deren Zustandekommen nicht mehr nachvollziehbar ist.

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