Vom Triumph der Dompteurinnen

Werbung
Werbung
Werbung

William Shakespeare, Arrigo Boito und Giuseppe Verdi hatten eine bittere Schule der Ehemänner und anlassigen Junggesellen im Sinn, als sie den trinkfreudigen Ritter Sir John Falstaff unter die unausgelasteten Damen von Windsor versetzten. Der junge australische Shakespeare- und Opern-Regisseur Tama Matheson wollte das Spiel auf den Gipfel treiben und verfiel auf die Idee, Falstaff als Zirkusdirektor auf die Kleinbürger anzusetzen und den Sieg der Dompteurinnen Alice und Meg zu zelebrieren. Beim Versetzen ins falsche Milieu hat er allerdings zwei Ingredienzien verloren: Die Erotik schrumpft zusammen auf die rote Vibratornase des Bardolfo, das Spielerische beim Verstecken erstarrt in der Themse-Rutsche.

Wozu als Statisten Einradfahrerinnen, Equilibristinnen und Bodybuilder aufgeboten sind, die von der von Librettist Arrigo Bioto so brillant entwickelten Falstaff-Geschichte nur ablenken, ist unerfindlich.

Statt Witz und Esprit herrschen Holzhammer und Derbheit. Einzige Ausnahme: Als Falstaff in einem Zirkus-Tretauto beinah in den Orchestergraben fährt, muss man über den Extra-Gag des Regisseurs doch sehr lachen. So wie vielleicht gleich beim Aufgehen des Vorhangs über Falstaff, zu dem vorspielartig - Verdi braucht für seine Oper keine Ouvertüre - Takte aus "Hänsel & Gretel“ und "Figaros Hochzeit“ - später auch Zitate aus "Don Giovanni“ - erklingen.

Fehlende italianità

Aber weder ist das klamaukaffine Regieteam noch der zackige Chefdirigent Johannes Fritzsch irgendwo von italianità gesegnet oder echt witzig. Dass "No sex, we are British“ vor Jahrzehnten schon bis zum Piccadilly Circus erfolgreich war, steht da auf einem anderen Blatt …

Bleibt über die musikalische Bewältigung viel Gutes (über ziselierte Orchesterpointen) und Bescheideneres über die Sängerbesetzung zu vermelden: James Rutherford, inzwischen von Graz bis Bayreuth und Wien als Hans Sachs erprobt, ist nach dem Vater Germont und dem Jago nochmals der Beweis für das Manko einer aus dem Belcanto gewachsenen Bassbaritonstimme. Alle anderen Rollendebütanten mühen sich nach Kräften: Am sichersten ist Margareta Klobucar als Alice Ford, ein wirklich lustiges Weibchen von Windsor, im italienischen Fach. Ihr nacheifern der junge Ladiner Andre Schuen als Ford, der zarte marokkanische Tenorino Abdellah Lasri als Fenton, die süße Perserin Nazanin Ezazi als Nanetta und die markige Bologneserin Silvia Beltrami, die als Mrs. Quickly schon partierpobt ist. Köstlich schräg der Hausägypter Taylan Reinhard als Dr. Cajus. Ein zartes Stimmchen aus dem Opernstudio führt Xiaoyi Xu, die chinesische Mrs. Meg Page.

Weitere Termine

2., 7., 10., 13., 15. Februar

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung