Wir trauern um Wolfgang Kraus

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Seine letzte handschriftliche Mitteilung an die Furche, die er dem unten abgedruckten Kommentar "Saures Ungeheuer" beilegte, datiert am 6. September, traf am 7. in unserer Redaktion ein und endete mit dem Hinweis, er werde nun zwei Wochen Ferien in Osttirol machen. Es wurde sein letzter Urlaub: Wolfgang Kraus ist am 19. September an den Folgen eines am 14. erlittenen Schlaganfalles in Lienz gestorben.

Vor mehr als einem halben Jahr war Kraus bereits wochenlang im Koma gelegen und hatte danach von einem ständig wiederkehrenden Traum während dieser Zeit berichtet: Er sei im Fernen Osten unterwegs gewesen und habe Gespräche über den Frieden geführt. Doch so friedfertig war der angesehene Schriftsteller ("Der fünfte Stand", "Nihilismus heute", "Zukunft Europa"), Kulturpublizist und Literaturfreund Wolfgang Kraus gar nicht immer. Er konnte, auch in seinen Furche-Kolumnen "Geist und Welt", in denen er seit der Nummer 46 des Jahres 1986 14tägig am regelmäßigsten seine Position zum Ausdruck brachte, sehr kämpferisch und aggressiv sein. Und stets lag seiner Meinung zu einer Frage ein profundes, auch seinen Gegnern Respekt einflößendes Wissen über die einschlägige Literatur zugrunde. Weltoffen konservativ, altösterreichisch kosmopolitisch, engagiert und hilfsbereit - so war Wolfgang Kraus.

Wolfgang Kraus, 1924 in Wien geboren, Absolvent des Schottengymnasiums und der Wiener Universität im Fach Theaterwissenschaft, wirkte im Lauf seines Lebens in Verlagen (Zsolnay, Europa) ebenso wie im ORF (wer entsinnt sich nicht der hochkarätigen "Jour fixe"-Debatten in der ersten Bacher-Ära) oder als Errichter von Österreichbibliotheken für das Außenministerium. Vor allem aber hat sich Kraus als Gründer und langjähriger Leiter der Österreichischen Gesellschaft für Literatur, als Motor unzähliger Kontakte in der Literaturszene Mittel- und Osteuropas verdient gemacht.

Wolfgang Kraus hat gerne für alle Fälle Ersatzbeiträge vorproduziert. Dies erlaubt uns, erst in zwei Wochen mit einer allerletzten Kraus-Kolumne endgültig von diesem großen Furche-Freund Abschied zu nehmen.

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