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Die Gefangeneninsel war gar keine so schlechte Idee

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Lebenslang" soll wirklich „lebenslang" heißen. Zumindest bei besonders grausamen Delikten psychisch oder geistig abartiger Täter steht dies für die F-Abgeordnete Helene Partik-Pable unverrückbar fest: „Das ist zwar im Einzelfall tragisch, aber hier überwiegt das Interesse der möglichen Opfer."

So selten sogenannte schwere Rückfälle von entlassenen „Lebenslänglichen" auch vorkommen - in# Österreich gab es seit 1945 genau sechs derartige Fälle -, Pable hält nichts davon, daß die Gesellschaft ein „Restrisiko" in Kauf nehmen müsse: „Es geht ja nicht um die abstrakte Gesellschaft, sondern um konkrete Schicksale."

Verbesserte Behandlungsmethoden etwa für Triebverbrecher sind für Pable nicht der eigentliche Ansatzpunkt: „Es gibt heute schon sehr viele Möglichkeiten, wie Gesprächstherapie, Hormonbehandlung oder Psy-chotheater. Allerdings stößt die Therapie bei manchen Tätern an ihre Grenzen." Als verhängnisvoll könne sich der übertriebene Optimismus der Therapeuten erweisen.

Frauen mit der Behandlung von Sexualverbrechern zu betrauen, findet Pable besonders problematisch. Dies zeige etwa der schreckliche Mord an der Therapeutin Veronika Kreuziger im vergangenen Jahr in der Strafanstalt Göllersdorf. „Das ist eine Herausforderung für den Täter."

Abgesehen von der Gefährdung der Allgemeinheit sprächen auch die t immer milderen Verurteilungen gegen eine Entlassung. Lebenslängliche Freiheitsstrafen können in Österreich nur bei schweren Tötungsdelikten wie Mord verhängt werden. Heutzutage wird immer seltener auf „echten Mord" entschieden, sondern eher auf Totschlag oder Körperverletzung mit tödlichem Ausgang, was mit zeitlich begrenzten Freiheitsstrafen bedroht ist. Lautet also das Urteil tatsächlich „lebenslänglich", so kann von einem Kapitalverbrechen ausgegangen werden. Darüberhinaus würden Milderungsgründe weit öfter als früher berücksichtigt, die Höchststrafe werde viel seltener ausgeschöpft und auch die U-Haft werde nicht mehr so oft wie früher verhängt, sagt Pable, die sich in den Achtzigerjahren einen Ruf als kompromißlose Untersuchungsrichterin erwarb. Harte Kritik übt sie am „Mittersteig", der Wiener Strafanstalt für geistig abnorme Täter: „Es gab einen Bericht, der von 80 Prozent Preigängern spricht. Das ist ja verrückt."

Das Argument, vorzeitiges Entlassen würde den Staat weniger Geld kosten als lebenslanges Einsperren, zieht für die F-Abgeordnete nicht. „Manche sagen: ,Gleich töten ist am billigsten.' Ich bin gegen die Todesstrafe. Aber ein geistig oder psychisch kranker Täter könnte ohnedies kein geordnetes Leben in Freiheit führen, und würde der Gesellschaft so oder so zur Last fallen." Der Strafvollzug koste eben Geld, und dieses müsse vom Staat aufgebracht werden.

Allerdings plädiert Pable vehement für verbesserte Haftbedingungen. „Ich bin für Gefängnisse, die Le-benslänglichen' mehr Freiraum lassen." Die Idee, Gefangene auf einer Insel auszusiedeln sei daher nicht so schlecht gewesen, sagt Pable. Dies ginge in Österreich nicht, da nicht genügend große Flächen vorhanden seien, um die Sträflinge zu isolieren. „Aber man könnte sich sicherlich im Gefängnisbau etwas einfallen lassen, um diesen Leuten ein menschenwürdigeres Leben zu ermöglichen und ihnen auch eine sinnvollere Arbeit zu verschaffen." In Österreich seien Tausende von Häftlingen unbeschäftigt. Diese könnten, so Pable, zur Bei-nigung öffentlicher Gebäude herangezogen werden.

Ansonsten hält sie die derzeitigen Gesetzesregelungen bezüglich lebenslanger Verurteilungen für durchaus ausreichend. Allerdings gebe es immer wieder massive Anderungs-wünsche: „Der Graff wollte lebenslang' aus dem Gesetzbuch streichen. Auch im Justizministerium gibt es Leute, bei denen solche Ideen im Hinterkopf herumgeistern", sagt Pable, die vermutet, daß auch Justizminister Michalek für derartige Bestrebungen zu gewinnen wäre. Würde eine Partei am Institut der lebenslangen Freiheitsstrafe rütteln, so wäre auf jeden Fall mit einem starken Widerstand der Freiheitlichen zu rechnen, sagtdie F-Mandatarin.

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