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Vor wenigen Tagen schockierte die Meldung "Inderin nach drei Jahren von denselben Tätern vergewaltigt". Schnell schütteln wir den Kopf über die herrschende Rechtlosigkeit in einem ultrapatriarchalen Land wie Indien. Doch herrschen derlei Zustände nur in Indien?

In Kärnten wurde wenige Wochen zuvor der Fall eines Mannes bekannt, der vor acht Jahren die Ex-Partnerin seines Bruders mehrfach vergewaltigt und dessen achtjährige Tochter sexuell missbraucht hat. Der Täter hat beides gestanden. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt erstattete zwar Anzeige, aber ordnete keine Festnahme an. Es wurde nur ein vorläufiges (!) Waffenverbot gegen ihn ausgesprochen. Es bestehe keine Fluchtgefahr, weil der Mann geständig war. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr, weil die Tat mehrere Jahre zurückliegt. Bleibt die Frage, warum hier unseriöse Spekulationen nach dem Motto "Wird schon nichts passieren" mehr wiegen als die physische und psychische Sicherheit der Opfer. Was, wenn sich der entlarvte Vergewaltiger an der Frau (und/oder ihrer Tochter) rächt?

Leider ist das kein Einzelfall: Betreuerinnen von Opfern sexueller Gewalt sind mit der Arbeit der Strafverfolgungsbehörden zusehends unzufrieden. Oft werden Verfahren mit kurzen, formelhaften Sätzen eingestellt - ohne dass Verdächtige mit der gesamten Beweislage konfrontiert wurden. Im Regelfall kommt nach einer angezeigten Vergewaltigung nichts heraus. Die Ursache dafür liegt laut Hilfsorganisationen vor allem in der "Unwilligkeit" der Staatsanwaltschaften. Nicht nur, dass die Glaubwürdigkeit der Opfer generell infrage gestellt wird, ist die Justiz oft nicht bereit, indirekte Zeugen zu befragen und weiter zu ermitteln. Wie es Opfern geht, die sich zur Anzeige aufraffen und wiederum übergangen werden, ist schwer vorstellbar. Mit dieser Justizpraxis werden jedenfalls Opfer entmutigt, Anzeige zu erstatten -und Täter ermutigt, weiter zu wüten.

Wird ein ordentlich geführtes Verfahren mangels Beweisen eingestellt, ist das ja okay. Wozu Staatsanwälte aber nicht ermächtigt sind, ist das Einstellen von Ermittlungen bei Zweifeln an der Täterschaft. Der Zweifelsgrundsatz obliegt nur den Gerichten - so stünde es zumindest im Gesetz.

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