Putsch in Myanmar: Demokratie ohne Entschlossenheit

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Im ehemaligen Burma haben die Demokraten dem Militär einen bequemen Aufschub gewährt, anstatt weiter zu kämpfen. Die Generäle haben die Zeit genutzt genutzt. In den USA gewährt man Trump einen Aufschub. Auch er wird ihn nutzen.

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Im ehemaligen Burma haben die Demokraten dem Militär einen bequemen Aufschub gewährt, anstatt weiter zu kämpfen. Die Generäle haben die Zeit genutzt genutzt. In den USA gewährt man Trump einen Aufschub. Auch er wird ihn nutzen.

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Wenn die ersten Wellen der (gerechtfertigten) Empörung über den Militärputsch in Myanmar verebbt sein werden. Wenn die internationalen Sanktionen gezeigt haben werden, dass ein Putsch nicht so billig zu haben ist, wie sich das die Generäle in Rangun wünschen. Wenn klar geworden sein wird, dass die einzigen Wahlbetrüger in Myanmar jene in Uniformen sind. Dann wird man dazu kommen, übergeordnete Fragen zu besprechen, die nicht nur für die Zukunft Myanmars wichtig sind.

Es geht schlicht darum, wie weit man in einer Reform für mehr Demokratie den zu entmachtenden Unterdrückern der Demokratie entgegenkommt. In Myanmar ist dieses Appeasement in einer sehr ausladenden Form passiert. Man wollte Gewalt um jeden Preis vermeiden. Deshalb hat man die Generäle an den Trögen der Macht belassen. Auch als sie die muslimischen Rohingya auszu­löschen versuchten. Auch als der internationale Gerichtshof in Den Haag Klage erhob. Da rückte noch jene Frau aus, die jahrzehntelang von den Militärs in Gefangenschaft gehalten worden war.

Myanmar war zum Zeitpunkt der Rohingya-Verfolgungen ein Unrechtsstaat ohne unabhängige Strafverfolgung, Gerichte, Staatsanwälte. Und das ist es noch heute.

Aung San Suu Kyi verteidigte ihre ehemaligen Peiniger. Lobte Soldaten „als Helden, die Dörfer mit Artillerie beschießen ließen“, wie die Washington Post dieser Tage schrieb. Um dann den Massenmord und die Vertreibung als „interne Angelegenheit“ zu titulieren, die deshalb nur „von innen“ zu lösen seien. Von wem? Diese Frage hat Frau Suu Kyi damals nicht beantwortet. Es gab auch keine Antwort. Myanmar war zum Zeitpunkt der Rohingya-Verfolgungen ein Unrechtsstaat ohne unabhängige Strafverfolgung, Gerichte, Staatsanwälte. Und das ist es noch heute.

Höhnisch zu bemerken wäre nun, dass Suu Kyi selbst in dieser Lage gelandet ist. Sie ist ihren gehätschelten Militärs zu einem ­„internen Problem“ geworden. Indem sie nämlich Wahlen gewonnen hat. So haushoch, dass das Militär entmachtet gewesen wäre. Man sollte aus diesem Anlass aber nicht schadenfroh auf die ­Reformbewegung picken, die die Jahre der Entspannung nicht zur Befreiung des Landes nutzen konnte.

Es wäre wichtiger, nun die Dinge beim Namen zu nennen, wie es schon Politiker und Philosophen getan haben, oft und öfter: Es gibt nichts Rechtes im Unrechten, nichts Wahres im Falschen – und in diesem Sinn gibt es keine Verhandlungsmasse zwischen der Demokratie und einem Unrechtsstaat.

Myanmar und Trumpismo

Wenn ehemalige Herrscher nicht vor Gericht gestellt oder ins Exil geschickt werden können, weil sie noch Macht in ihrem Land behalten, so lange gibt es keine wirkliche Freiheit für die Unterdrückten. So lange wird auch dieser Staat nicht funktionieren. Und so lange wird es keinen Frieden geben. Das gilt nicht nur für Myanmar, es gilt beispielsweise auch für die Vereinigten Staaten.

Dort hält die staatstragende Partei der Republikaner einem Putschisten die Stange und ist nicht bereit, ihn für seine Taten zu belangen. So lange das so bleibt, werden die USA ein gefährdetes Land bleiben. Und so wird es jeder Demokratie ergehen, die sich nicht entschlossen verteidigt.

Es ist immer wieder proklamiert worden, die Freiheit nicht mit Gewalt herzustellen. Tatsächlich gibt es auch andere Wege der Machteroberung, die gerade die Bürger in Myanmar nur allzu gut kennen. Es gibt Demonstrationen, unbeugsamen friedlichen ­Widerstand, so gewalttätig die Machthaber auch sein mögen. Aber was es nicht gibt, ist eine Freiheit, die von Diktaturen begrüßt und beklatscht wird. Deshalb müssen die Diktatoren so lange als Feind betrachtet werden, bis sie geschlagen sind.

Das Volk von Myanmar hat dem Feind einen Aufschub gewährt. Die Hoffnung, dass das Militär diese Zeit nicht nutzen würde, war gnadenlos naiv. Donald Trump politisch manövrierfähig zu ­halten, ist es ebenso. Es braucht Konsequenz, moralisch und rechtlich – auch wenn das unangenehm scheint. Halbe Konsequenz zu zeigen ist gleichbedeutend mit keiner Konsequenz. Nichts ist erreicht. Myanmar ist ein Beispiel und eine ernste Warnung.

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