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Das Gedicht

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DIE KA1SERMQNZE leicht ist die Münze; der Hades gab sie zurück. Er ahm dem Kaiser de Kranz und den Namen. Fra$ nicht, ob er Hadrian hieß.

Frag nach den Fingern, frag nach den Völkern von Fingern, die sich krümmten um diesen kleinen Denar.

Frag nach den Fingern.

Frag den Imperator der Toten:

Wo sind sie?

Leichter als dieser Denar wiegen die Völker, die Münzberge häufen und wie Herbstiaub verwehn.

MESSER SIND IN DER LUFT

Messer sind in der Luft, Steine und Blei, ein Zischen tödlicher Schwalben. Nie wird es Winter.

Noch immer quillt der Spätsommer des Bluts den geplünderten Marktplatz hinab in die Felder, in die Disteln, ins Meer.

Geschichte ist Blut, hingeschrieben in die Ebenen des

Oelbaums und des Weizens in der Geisterschrift der Wege zu den flimmernden Wolkenburgen Utopias.

Zwischen zwei Räubern, im Zischen tödlicher Schwalben, hängt Christus am Kreuz.

IN EINEM UNTERDRÜCKTEN LAND

Wie “Vogelscheuchen erstarren sie, bös, krumm und mitten im Acker, fährt auf der Strafe einer vorbei. Einer von denen, die beweglich sind.

Stumm stehen Vogelscheuchen windschief im Acker, der nicht ihnen gehört.

Fest sitzen die Hüte auf den Köpfen ohne Gesicht.

Es fährt einer vorbei.

Einer von denen.

Manchmal ändert sich jählings der Wind.

Alanchmal können Vogelscheuchen marschieren. Manchmal wird mit Vögten gedüngt.

Wenn die Vogelscheuchen kein Gesicht mehr haben, ändert sich der Wind bald.

DEM ANDENKEN DER STADT DUPPAU

Von den Bauern, deren Namen ich trage, kamen nicht viele welter in ihrem Leben ah bis auf den gepflasterten Platz und in die Kirche von Duppau.

Sie gingen von dort, wo das Gericht war und der Viehmarkt, wieder die windigen Hügel hinauf, heim in die Dörfer, heim in die Erde.

Sie allein sind geblieben.

Grabkreuze, Dörfer und die Wegweiser nach Duppau wurden zerstört.

Der Wind von den Hügeln sucht vergebens nach der Stadt im Tal.

Getilgt hat sie der Haß aus der Landkarte Böhmens.

Untergegangen im großen Europa sind berühmtere Städte.

Duppau war nur für die, deren Name ich trage,

Ziel der Karrenwege herab von den

Hügeln, war den Toten, namenlos unter dem Gras und unter dem Wind, die Mitte der Welt,

Gerhard Fritjch. 1924 in Wien geboren,

Sohn eines Mittelschullehrers, im Krieg Transport-' flieger. später Werkrtudent, ist von Beruf Bibliothekar. Er erhielt mehrere Literaturpreise, zuletzt den Förderungspreis des Oesterrcichischen Staatspreises 1957 für den Roman „Moos auf den Steinen“. — Werke: ..Zwischen Kirkenes und Bari“. Gedichte und kurze Prosa. 1952; „Lehm und Gestalt“, Gedich-e, 1954; „Dieses Dunkel heißt Nach“, ein Gedicht, 1955; „Moos auf den Steinen“, Roman, 1956. Die obenstehenden Gedichte sind dem bei Otto Müller, Salzburg, erschienenen Band „Dcr Geisterkrug“ entnommen.

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