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Heinrich Heines Prager Freunde

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Wer das neue Heinrich-Heine-Jahrbuch 1970, erschienen bei Hoffmann und Campe in Hamburg, zur Hand nimmt, wird dort meinen Beitrag „Heinrich Heine und Prag“ vorfinden, in dem ich zum ersten Mal auf Grund bisher unveröffentlichter Dokumente und Briefe über Heines Spekulation mit Prager Gasfabriks-Aktien beweise, wie Heinrich Heine hier fast um sein ererbtes Geld gekommen wäre. Er, der so ganz begeistert zuerst sagte: „Gaslicht hat in Prag große Zukunft!“ hat dann mit dem Schwager des Gasfabrikanten Friedländer, dem Arbeiterführer Lassalle, eine eingehende Korrespondenz geführt. Bemerkungen über die „böhmischen Räuber“ usw.. waren gang und gäbe, bis er dann Ersatz für seine Verluste bekam. Mit diesen Briefen habe ich auch gleichzeitig einen Brief des Prager Mitbegründers und Direktors der Blindenversorgungsanstalt, Paul Aloys Klar, veröffentlicht, der als Herausgeber des Almanachs „Li-bussa“ Heinrich Heine um einen kleinen Beitrag gebeten hat. Heinrich Heine war auf Prag schlecht zu sprechen, und so wurde nicht geantwortet. Prag hat sich nicht revanchiert und heute heißt eine Straße Heinrich-Heine-Gasse und nach Klar heißt ein Platz Klärov, aber der gewöhnliche Prager kann sich diesen Namen gar nicht erklären.

Ein großer Freund Heinrich Heines war Dr. Alfred Meissner, der zwar in Teplitz geboren, aber viele Jahre in Prag gelebt hat. Aus Heines Biographie und hauptsächlich aus dem Buche H. H. Houbens „Gespräche mit Heine“ wissen wir, wie intim dieses Freundschaftsverhältnis war.

Was aber fast ganz unbekannt blieb, ist der Umstand, daß Heines letzte Liebe, „La Mouche,“ eine geborene Pragerin war. Man hat bisher angenommen, daß sie tatsächlich die Tochter des Ehepaars Krienitz war, und Eckart von Naso projiziert deswegen in seinem Buche „Eine charmante Person“ den Geburtsort in das Herkunftsland der Familie Krienitz. In Wirklichkeit war Elise, die sich auch Margot nannte, nur eine Adoptivtochter. Sie war die natürliche Tochter des Prager Grafen Nostitz, der auf der Kleinseite einen schönen Palast hatte, das uneheliche Kind aus der Liebe mit der gräflichen Gouvernante wurde jedoch in einem kleinen Zimmer in der Nerudova, damals Spornergasse 7 geboren, den Adoptiveltern Krienitz übergeben, die in Paris Bankgeschäfte betrieben. So hat das Mäd-chen gar nicht gewußt, daß seine Wiege in Prag gestanden hat. Ihre Eltern wollten sie rasch verheiraten, doch wurde sie das Opfer eines Hochstaplers, der nur ihre Mitgift wollte. Seine junge Frau ließ der junge Ehemann in einem englischen Nervensanatorium einsperren, um leichter mit dem Geld wegzukom men. Als sie, befreit, wieder in Frankreich war, traf sie — damals 27 Jahre alt — zufälligerweise Dr. Meissner in einem Zugsabteil, und mit dessen Empfehlungen besuchte die junge Heine-Enthusiastin den Dichter in der Matratzen-gruft. Frau Heine war nicht eifersüchtig, gönnte ihrem Manne die letzten Liebesgedanken, die Sonnenstrahlen aus der Außenwelt. 6 Gedichte und 25 Briefe geben Zeugnis von dieser letzten Dichterliebe. Unter dem Namen Camilla Seiden schrieb sie Bücher, natürlich auch über Heinrich Heine. Als Sprach lehrerin starb sie bejahrt und un verheiratet in Rouen am 7. August 1896 und ist in Paris begraben worden. Das Ganze wäre Stoff für ein Fernsehspiel!

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