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Hort des alten Liberalismus

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Die Faber-Gruppe, hergestellt im Verlag Faber in Krems, umfaßt die „Niederösterreichische Landzeitung“, die „Hollabrunner Heimatzeitung", die „Schwechater Illustrierte" und die „Weinviertier Nachrichten“. Die „Landzeitung“ ist ein altes liberales Organ, das jetzt für die in Krems regierende ÖVP-Wahlgemeinschaft (mit dem Ton auf dem zweiten Teil dieser Bezeichnung!) eintritt, entgegen altliberaler Tradition doch ausführliche Berichte über lokale kirchliche Ereignisse der Kirche ihre Referenz erweist, mit freudigerem Herzen aber über Turnvereinsfeste (1836!), Jul- feiern, Burschenschaftskneipen und Soldatentreffen berichtet. Diese letztere Tendenz ist allerdings bei den weniger profilierten Weinviertier Blättern dieser Gruppe nicht zu beobachten.

Neben diesen konzernierten Regionalzeitungen gibt es noch folgende alleinstehende Lokalblätter: „Amstettner Anzeiger“, „Badener Zeitung“, „Bote an der Ybbs", „Erlaftal-Bote", „Grenzbote“, „Klosterneuburger Nachrichten“, „St.-Pöltner Wochenpost" (mit Kopfblatt „Mariazeller Zeitung“) und „Tullner Bezirksnachrichten“. Sie sind in Aufbau, Gestaltung und politischer und weltanschaulicher Haltung recht unterschiedlich. Ein Teil von ihnen beschränkt sich auf unpolitische Gemeindenachrichten. Manche waren während der Besatzungszeit Koexistenzblätter, das heißt, sie führten Spalten für die ÖVP, die SPÖ und KPÖ nebeneinander. Davoti ist nur; noch eine „Zwiespältigkeit“ — ÖVP-. und SPÖ-Spalten nebeneinander — im „Erlaftalboten“ zurückgeblieben, während die übrigen zur ursprünglichen „Eingleisigkeit“ zurückgekehrt sind. Die Mehrzahl dieser Blätter, soweit sie sich überhaupt mit Politik befassen, steht der Volkspartei nahe, eindeutig deklarieren sich die „Tullner Bezirksnachrichten“ mit betont katholischer Dominante. Keines dieser Blätter steht der SPÖ nahe: auch der „Amstettner

Anzeiger“, der früher einen starken Linksdrall hatte, ist vor einigen Jahren ins wirtschaftsbürgerliche Lager eingeschwenkt. Ein rührendes Beispiel religiöser Toleranz liefern allwöchentlich die „Mödlinger Nachrichten", die in ein und derselben Spalte die Pfarr- nachrichten der Katholiken, der Protestanten und — der „Zeugen Jehovas" bringen.

Gesucht: das gesunde Mittelmaß

Trotz der für den Unkundigen gewiß unerwarteten Dichte des niederösterreichischen Blätterwaldes ist die Bilanz für den kritischen Beobachter nicht erfreulich. Provinzieller Traditionalis- mus, der sich freilich nicht selten mit handwerklichem Unvermögen paarte, ist im Begriffe, von kaltschnäuziger großstädtischer Nachrichten- und Unterhaltungskonfektion überfahren zu werden. Es mangelt an lokalen Redakteursindividualitäten, an örtlich gewachsenem gesundem Mittelmaß. Das ist mit ein Grund, warum die echten Lokalblätter dem Untergang geweiht sind. So bedauerlich das ist, es läßt sich wohl nicht mehr aufhalten. Die Zukunft gehört — in diesem Bereich — der fachmännisch redigierten Regionalzeitung.

Eine eigene Tageszeitung besitzt Niederösterreich bekanntlich nicht: das hängt mit der Struktur des Landes und mit der Funktion Wiens als Bundeshauptstadt und Sitz der niederösterreichischen Landesregierung zusammen,.- Mit-A Tageszeitungen:-.„ist •NipdjtrösterJeich.jWn Wie rKau versorgt. -Aber die Regionalzeitungen behalten daneben, auch jetzt in der Zeit des Rundfunks und des Fernsehens, des Kinos und der Monsterillustrierten, ihre Aufgabe bei: die Aufgabe, eine lebendige Verbindung zwischen Gemeinde, Bezirk und Viertel auf der einen, mit Land und Bund auf der anderen Seite herzustellen. Das ist eine Funktion, die ihnen kein anderes KT.-t.-,.!.. nen kann.

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