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Müßiggang in der italienischen Provinz

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Ein glänzend geschriebener, wenn auch bisweilen nicht gerade vorteilhaft übersetzter Entwicklungsroman, der immer aktuell bleiben wird.

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Ein glänzend geschriebener, wenn auch bisweilen nicht gerade vorteilhaft übersetzter Entwicklungsroman, der immer aktuell bleiben wird.

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Wenn man in diesem Roman einer Jugend begegnet, die sich „unter den Arkaden” der mittelalterlichen Kleinstadt Urbino herumtreibt, so entspricht dieses im deutschen Titel des Buches festgehaltene Bild nur zum Teil dessen Inhalt. Das italienische „La strada per Roma” sagt da schon mehr aus, denn eigentlich geht es um eine durch das Erbe des Faschismus, den Krieg und die Nachkriegszeit belastete, ja desorientierte Generation und darum, wie diese ihr Leben verändern und ausbrechen könnte aus ihrer viel zu engen Provinz, in der man „ohne Schwung und neue Ideen” oder bloß „in sicheren Stellen” dahinlebt, mit den Gefahren des Nichtstuns, der Langeweile bis zu völliger Apathie.

Was den Roman im eigenen Land zur Sensation gemacht und ihm den begehrten „Premio Stre-ga” beschert hat, ist die fast schon naturalistische Offenlegung provinzieller Mentalität, deren Sehnsüchte, Lüste, und einer Hoffnungslosigkeit, die man kettenrauchend, politisierend, nach Frauen suchend und sich auf jede

Art mit ihnen vergnügend, auf den Straßen, in Bars, Kaffeehäusern und Kinos, auch in Wohnungen antrifft, selten aber zu Haus. Man erlebt eine „überaus erbitterte Reahtätswahrnehmung” kommunistischer Kreise, das „bleischwere Gewissen” mancher Studenten, besonders des die längste Zeit konzentrationsunfähigen Helden des Romans. Es ist die Heimat Raffaels und Bramantes. Heute leben dort keine Künstler mehr, und auch Gedichte liest man nicht mehr, dafür Zeitungen jeder Couleur und die Schriften Antonio Gramscis.

Der Ausbruch aus dieser Welt gelingt auch, den einen, die nach Belgien gehen und in Kohlengruben die schwerste aller Arbeiten finden, unserem Protagonisten, der zuerst einmal seine Dissertation käuflich erwirbt und dann als Dr. juris in Rom unterkommt und, wer weiß, in dieser weiten Welt vielleicht einmal sogar Abgeordneter wird.

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