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Ein Platz ganz oben

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John Braine, 1922 in Bradford in England geboren, gelang mit fünfunddreißig Jahren der entscheidende Durchbruch als Schriftsteller mit dem Roman „Room at the top“, der verfilmt wurde und bei uns unter dem Titel „Der Weg nach oben“ lief. Die Fortsetzung dieser Tragödie des Ehrgeizes schildert nun der Film „Ein Platz ganz oben“. Der ebenso egoistische wie charakterschwache Joe Lampton hat sich seinen Platz in der höheren Schichte der Gesellschaft nicht durch eigene Tüchtigkeit erobert, sondern erheiratet und leidet nunmehr an den Demütigungen, die er auf Grund seiner niedrigen Herkunft zu erdulden hat. Doch er hat sich schnell den korrupten Gepflogenheiten dieses morschen Bürgertums angepaßt, treibt die gleichen fragwürdigen Geschäfte und befleißigt sich bedenkenlos der gleichen Moral. Der Ehebruch gilt in diesen Kreisen als ein übliches Gesellschaftsspiel, an dem niemand Anstoß zu nehmen hat. Der Film malt ein sehr düsteres Bild dieser Society, stellenweise vielleicht zu schwarz, doch diese Schilderung dient ja nur als Hintergrund, vor dem das Schicksal dieses Emporkömmlings abrollt. Er hat erreicht, was er erreichen wollte, aber dennoch nichts gewonnen, denn das, was er als verlockendes Ziel ansah, erweist sich als erbärmliche Enttäuschung, und angewidert erkennt er die ganze Fragwürdigkeit seiner Existenz, kann aber trotzdem aus seiner Haut nicht heraus. Gespielt wird hervorragend. Laurence Har- vey und Jean Simmons, Honor Blackman und Michael Craig zeichnen beängstigend echte Figuren. Ein bestürzendes Bild einer Gesellschaft, die bar jeder Sitte und Moral immer tiefer sinkt und jeden, der sich ihr anbiedert, in den gleichen Abgrund reißt.

Einen Platz, wenn auch nicht ganz oben, so doch auf achtunggebietender Höhe, erobert sich immer mehr der deutsche Film. Endlich verzichtet er auf die ungeschickte Nachahmung ausländischer Vorbilder und die geistlose Abwandlung eigener, verbrauchter Klischees und sucht neue, eigentümliche Wege. „Sahonzeit für Füchse“ präsentiert das uralte Generationenproblem hier auf aktuelle Weise und setzt sich endlich einmal ernsthaft und realistisch mit der Gegenwart auseinander, wenngleich auch das Ergebnis bedrückend ist. Die rebellierende, junge Generation erweist sich keineswegs als kraftvoll und zukunftsträchtig, sondern als passiv und weich, und ihr Protest gegen eine festgefahrene und überholte Spießbürgerlichkeit erschöpft sich in lahmen Phrasen und mündet in einem billigen Arrangement. Ist auch die formale Durchführung dieser Verfilmung frei von jedem Experiment und der Suche nach neuen Ausdrucksformen, so besticht immerhin die klare Durchzeichnung von Milieu und Charakteren. Peter Schamoni liefert mit seinem Regieerstling einen gültigen Diskussionsbeitrag zum aktuellen soziologischen Wandlungsprozeß, wenngleich auch manches noch zu intellektuell und unausgegoren wirkt. Immerhin beginnt sich der deutsche Film auf die eigentliche Wirklichkeit zu besinnen, und das ist vielversprechend.

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