In den Alpen - © In den Alpen // Après les Alpes

„In den Alpen // Après les Alpes“ von Elfriede Jelinek und Fiston Mwanza Mujila

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Herausfordernd, aber gut kombiniert präsentiert sich im Volkstheater das Zusammenspiel von Elfriede Jelinek und Fiston Mwanza Mujila in der Uraufführung von „In den Alpen // Après les Alpes".

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Herausfordernd, aber gut kombiniert präsentiert sich im Volkstheater das Zusammenspiel von Elfriede Jelinek und Fiston Mwanza Mujila in der Uraufführung von „In den Alpen // Après les Alpes".

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„Ich möchte bitte gerne sofort ein Verbrechen aufklären. Von mir aus auch ein nationalsozialistisches. Aber es gibt so viele, da kann ich mich nicht entscheiden.“ So deklamiert Anna Rieser mit Jelinek-Perücke auf dem Kopf zu Beginn des Abends. Allzu gern Vergessenes an die Oberfläche zu spülen, ist das zentrale Anliegen Elfriede Jelineks. Ihr Stück „In den Alpen“ erinnert an die Katastrophe von Kaprun im Jahr 2000. 155 Menschen starben dabei auf grausame Weise, zur Verantwortung wurde schlussendlich aber niemand gezogen. Jelineks Drama erschien zwei Jahre danach; nun ist es am Wiener Volkstheater unter der Regie von Claudia Bossard zu sehen – versehen mit dem von ihr während der Pandemie verfassten Appendixtext „Diese Maschine ist unschuldig!“ und zusammen mit der Uraufführung des Werks „Après les Alpes“ von Fiston Mwanza Mujila.

Wucht der Worte

Rieser ist die Stimme der Autorin, mit viel Verve vermag sie ihre Monologe vorzubringen, alle weiteren Passagen werden „unter Toten geführt“. Drei der Opfer des Seilbahnunglücks, gespielt von Nick Romeo Reimann, Uwe Rohbeck und Stefan Suske, kommen zu Wort. Gemeinsam mit „Paul Celan“ (Christoph Schüchner) philosophieren sie über Gebirgswelten, Antisemitismus und Skitouristik. Sie alle sitzen in einem fahlgrünen Wartebereich mit Buffet und Gepäckausgabe, hinter ihnen ist die meterhohe Projektion eines Gesteinsbrockens zu sehen, der am Ende des ersten Teils unter Lichtblitzgewitter und viel Theaterdonner implodiert.

Der kurze Zusatztext über den „Hobby Fakirli“ ist das Glanzstück des Abends, zahlreiche Heizstrahler rollen dazu vom Gepäckband, und Rieser setzt zur Verteidigungsrede für Maschinen und ihre Rechte an. Tatsächlich wurde beim Prozess der Heizlüfter der Firma Fakir, Modell Hobby TLB, als Unglücksursache ausgemacht, der widerrechtlich in die Seilbahn eingebaut worden war und als stummer Sündenbock herhalten musste.

Jelinek selbst hat die Regisseurin auf ihren Text hingewiesen, nachdem Bossard 2020 ihr Drama „Das Werk“ im Kosmos Theater aufgeführt hatte. Bossard lässt die Prägnanz von Jelineks Sprache wirken, ohne ihr viel szenisches Spiel hinzuzufügen, und vor allem Richter und Rohbeck bringen die Wucht der Worte zum Tönen.

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