kudlich in amerika - © Foto: Matthias Heschl

Monologreigen vor Western-Kulissen

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Im Wiener Schauspielhaus bringt der gefeierte Autor und Dramatiker Thomas Köck gemeinsam mit der jungen Regisseurin Elsa-Sophie Jach den zweiten Teil seiner sogenannten „Kronlandsaga“ zur Uraufführung.

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Im Wiener Schauspielhaus bringt der gefeierte Autor und Dramatiker Thomas Köck gemeinsam mit der jungen Regisseurin Elsa-Sophie Jach den zweiten Teil seiner sogenannten „Kronlandsaga“ zur Uraufführung.

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Der 1986 im oberösterreichischen Wolfern geborene Autor und Dramatiker Thomas Köck hat das Kunststück fertiggebracht, den renommierten Mühlheimer Dramatikerpreis gleich zweimal und das sogar in Folge, 2018 und 2019, zu gewinnen. Dem Wiener Schauspielhaus ist der mittlerweile international renommierte Autor seit 2015 als Dramatiker eng verbunden. Vor etwas mehr als zwei Jahren inszenierte er hier auch erstmals selber. Sein gemeinsam mit der Regisseurin Elsa-Sophie Jach inszeniertes Stück „Die Zukunft reicht uns nicht (Klagt, Kinder, klagt!)“, ein Zwiegespräch zwischen einer Kassandra-Figur und einem fulminant choreographierten Chor aus vierzehn Jugendlichen, wurde über die Grenzen hinaus zum viel beachteten Erfolg. Nun gastiert er in gleicher Doppelfunktion wieder mit Co-Regisseurin Jach am Schauspielhaus, wo die beiden Köcks neuestes Stück mit dem langen, etwas umständlichen, aber immerhin informativen – und man ist leider versucht zu sagen, auch schon ziemlich erschöpfenden – Titel „kudlich in amerika oder who owns history, ein carbondemokratischer Spaghettiwestern“ auf die Bühne hieven. Köck schließt damit – zumindest dem Titel nach – an sein Stück „kudlich – eine anachronistische puppenschlacht“ an, das an derselben Stelle 2016 in der Regie von Marco Štorman seine Uraufführung hatte. Die zentrale Gestalt war darin der Bauernbefreier Hans Kudlich, der 1848 – mit fünfundzwanzig Jahren jüngstes Mitglied des österreichischen Reichstags – einen Antrag auf Aufhebung der bäuerlichen Untertänigkeitsverhältnisse gestellt hat. Wegen seiner Teilnahme am Wiener Oktoberaufstand wurde er vom Kaiser in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Über die Schweiz ist Kudlich schließlich nach Amerika emigriert, wo er sich als Arzt für die Abschaffung der Sklaverei engagierte. Staubbedeckt am Set von „Giganten“ Kudlich also kehrt zurück auf die Bühne. Aber nur scheinbar, denn Köck interessiert sich – dem Titel zum Trotz – keinen Deut für ihn. Am Ende wird Clara Liepsch in einer selbstreferentiellen Volte auch sagen, sie hätte den Kudlich nur so „durchgespielt“, um den sei es ja gar nicht gegangen. Recht hat sie. So dauert es auch eine ganze Weile, bis der Titelheld staubbedeckt die Bühne betreten darf. Zuerst inszeniert das Regieduo in pechschwarzer Finsternis eine Art Prolog. Ein vierköpfiger „gottverlassener“ Chor tanzt in der „posthistorischen sierra des todes zwischen oil fields und tumbleweeds“ ein blau und rot leuchtendes Stetson-Ballet und dekliniert währenddessen schon mal in typisch Köck’schem Sprachduktus einige Themen des Abends durch: die Uneindeutigkeit und Sinnlosigkeit der Geschichte, die Hinfälligkeit der menschlichen Spezies, die Zerbrechlichkeit des
weißen Mannes, die Gewalt der Landnahme, Umweltzerstörung, Kapitalismus. Danach sieht sich der Titelheld etwa hundert Jahre zeitverschoben ans Set zu den Dreharbeiten zum Film „Giganten“ (1956) in die texanische Wüste versetzt, wo er von Elizabeth Taylor ( genderverkehrt besetzt mit Sebastian Schindegger), Rock Hudson (Vera von Gunten) & Co. mal für den „rebel without a cause“ James Dean, dann für Jett Rink (das ist der Charakter, den Dean in seinem letzten Film spielte) gehalten wird.

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