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Abgeschrieben?

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Einen verzweifelten Hilferuf an den Papst haben die libanesischen Christen formuliert, weil die syrischen ..Friedenstruppen" wieder einmal mit schwerer Artillerie zum Sturm auf die Stadt Zahle und die christlichen Viertel Beiruts angetreten sind.

Seit sechs Jahren dauert das Morden im Libanon bereits an - un-

ter dem trägen, schläfrigen Blick der Weltöffentlichkeit, auch der christlichen. Keine Solidaritätskomitees rühren sich, keine Gebetsabende und Sch weigemärschefinden statt, allenfalls schwingt man sich in westlichen Kirchenkreisen zu pharisäerhaften Vorwürfen auf. warum sich die christlichen Gruppen im Libanon denn mit der Waffe in der Hand verteidigen.

Sicher wäre es voreilig und oberflächlich, den Bürgerkrieg im Liba-

non als reinen Glaubenskrieg zu qualifizieren. Die Fronten gehen auch quer durch die Konfessionen. Aber weil im Orient Religion und Politik bis heute untrennbar verquickt sind, ist der Bürgerkrieg in einem gewissen Sinn eben doch auch ein Konfessionskonflikt.

Die libanesischen Christen, die sich verteidigen, sind die einzigen Christen des Orients, die sich nicht damit begnügen wollen, Bürger zweiter Klasse zu sein. Denn in den Nachbarländern spielen die Christen gegenüber ihren Mitbürgern, die die christliche Religion der Vorfahren verlassen haben und Muslime geworden sind, eben nur die Rolle von geduldigen Beisassen.

Die Vorgänge im Libanon zeigen mit erschreckender Deutlichkeit, wie sehr die Christen des Westens ihre orientalischen Glaubensbrüder ..abgeschrieben" haben. Aber dem notwendigen und schwierigen Gespräch mit dem Weltislam wird kein Dienst geleistet, wenn die Christenheit des Westens aus diplomatischen Rücksichten die Christen des Orients im Stich läßt.

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