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Ägyptens „Fouchet”

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Der Sturz Ali Sabris als Vizepräsident unter Staatschef Es-Sadat signalisiert weder Machtkämpfe in der Führungssjpjjze^noch sen, weil ėr die kürzlich gegründete Föderation zwischen Ägypten, Libyen und Syrien kritisiert habe. Das trifft sicher nicht den Grund seiner Absetzung, zumal die Föderationsgründung von der Sowjetunion nicht nur gebilligt, sondern höchstwahrscheinlich sogar mit vorbereitet wurde und Sabri lange als „Mann Moskaus am Nil” aalt.

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Der Sturz Ali Sabris als Vizepräsident unter Staatschef Es-Sadat signalisiert weder Machtkämpfe in der Führungssjpjjze^noch sen, weil ėr die kürzlich gegründete Föderation zwischen Ägypten, Libyen und Syrien kritisiert habe. Das trifft sicher nicht den Grund seiner Absetzung, zumal die Föderationsgründung von der Sowjetunion nicht nur gebilligt, sondern höchstwahrscheinlich sogar mit vorbereitet wurde und Sabri lange als „Mann Moskaus am Nil” aalt.

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Ebenso verfehlt dürfte jedoch die wohl auf Geheimdienstanalysen beruhende israelische Vermutung sein, die Entmachtung Sabris sei der vorläufige Höhepunkt eines Machtkampfes in der Kairoer Führung. Der Vizepräsident war weder ein Konkurrent noch ein Nachfolgekandidat für Staatschef Es-Sadat. Der Sljäh- rige Politiker ist schwer herzkrank. Hauptsächlich deshalb und wegen der für eine Machtergreifung ungün stigen Kräfteverhältnisse innerhalb der von Nasser hinterlassenen Rumpfführung kam er als Nachfolger des „Rais” nicht zum Zug. Zwischen ihm und Sabri herrschte eine alte Animosität, vor allem begründet durch gegenseitige Korruptionsverdächtigungen. Die Berufung des jetzt Gestürzten zum Vizepräsidenten erfolgte lediglich aus Rücksichtnahme auf Moskau, dessen Präsidentschaftskandidat er gewesen war. Sabri hielt sich wegen seines Gesundheitszustandes vorwiegend in seiner Luxusvilla auf, zeigte sich kaum und der Vizepräsidentenposten ließ ihm wenig mehr als dekorative Funktionen.

Er war eine der interessantesten und politisch talentiertesten Gestalten der ägyptischen Politik der letzten 20 Jahre. 1920 geboren, stammt er nicht — wie die meisten seiner späteren Mitverschwörer um Abdel Nasser — aus dem Kleinbürgertum, sondern aus einer aus der Türkei zugewanderten, im Niltal ziu immensem Reichtum gekommenen „großen Familie” des monarchistischen Esta blishments. Bis heute konnte er nicht diese Herkunft verleugnen, er machte sich durch großbürgerlichen Lebensstil und Korruptionsaffären Feinde.

Als Berufsoffizier der Luftwaffe nahm er 1948 am ersten Palästinakrieg teil und traf dort Abdel Nasser. Als Mitglied des Geheimbundes „Freie Offiziere” gehörte er bald zur engsten Umgebung und zu den bevorzugten Vertrauten des späteren „Rais”. Nach dem Staatsstreich vom 26. Juli 1952 wurde er der wichtigste politische Berater des Staatschefs. Er beeinflußte so gut wie jede innen- und außenpolitische Entscheidung und begleitete, Nasser damals auf jeder Auslandsreise. Doch viMHfehd Seihe- am’” Staatsstreich- ‘.beteili^eA Offizierskollegen mit wichtigen und einträglichen Staatsposten abgefunden wurden, blieb er lange im Hintergrund, „Ägyptens Fouquet und Talleyrand in einer Person”. Er war der am wenigsten bekannte und zugleich am meisten gefürchtete Mann des Nasserismus.

Die Schaffung des ersten einigermaßen funktionsfähigen Massenunterbaues für den bis dahin im politischen Vakuum an gesiedelten Nasserismus war sein bedeutendstes politisches Verdienst. 1967 organisierte Sabri die Massendemonstrationen, die dem Staatschef das Verbleiben im Amt ermöglichten. Danach wurden die Verhandlungen mit der Sowjetunion, deren Vertrauen er inzwischen uneingeschränkt errungen hatte, seine Hauptaufgabe.

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