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Die CDA-Angriffe auf europäische Schwesterparteien

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Am Mittwoch fanden in den Niederlanden Gemeindewahlen statt. Um die 12.015 Ratssitze in 829 Gemeinden bewarben sich 58.900 Kandidaten. Eine Vielzahl örtlicher Wählerlisten hatte das vertraute Bild der drei großen landespolitischen Strömungen verzeichnet Sozialisten, Liberalen und Christdemokraten war es dennoch nicht gelungen, in jeder Gemeinde mit einer eigenen Liste vor die Wähler zu treten. So schaffte es der „Christdemokratische Appell“ (CDA) wohl in 609 der 829 Gemeinden, doch in den anderen 2^0 Gemeinden traten die der CDA-Föderation angehörenden evangelischen Parteien „ARP“ und „CHU“ sowie die katholische Volkspartei (KVP) mit getrennten Listen an oder gingen in lokalen Listen auf.

Die Fusion der drei christlichen Parteien soll 1980 endgültig erfolgt sein. Es ist aber durchaus begreiflich, wenn das Aufgehen in einer größeren Einheit den Fraktionen Schmerzen bereitet: Die „Anti-Revolutionäre Partei“ (ARP) will zuerst noch im nächsten Jahr ihr lOOjähriges Bestehen feiern, die „Christlich-Historische Union“ (CHU) blickt in diesen Tagen auf eine 70jährige Vergangenheit zurück, und die „Katholische Volkspartei“ (KVP) hatte sich in den letzten Jahren dem Prozeß der Dekonfessionalisierung mit Erfolg anzupassen versucht

Daß es gegen eine Fusion von drei so prinzipiell ausgerichteten Parteien mit Traditionsmerkmalen zahlreiche interne Widerstände gibt kann sich jeder ausmalen. Es ist auch heute noch nicht sicher, ob die Verschmelzung zu einer christdemokratischen Partei in der vorgesehenen Weise erfolgen wird. Dies dürfte allerdings kein Grund sein, den teüweise gerechtfertigten Pessi-

mismus gegen sich selbst auf andere abzuwälzen, indem man während des ganzen Wahlkampfes die eigenen Anhänger mit falschen Alternativen und die Freunde jenseits der Grenzen mit widerspenstigem Europäertum vor den Kopf stößt. So etwa die ständigen Mißverständnisse über die Aufgaben der „Europäischen Volkspartei“ (EVP) als Partei innerhalb der Neunergemeinschaft und den Charakter der EDU als Gesinnungsgruppierung nichtkollektivistischer Parteien weit über den Rahmen der EG hinaus.

Die ständig wiederholte Auffassung niederländischer CDA-Politiker, sie wollten sich nicht in ein Links-Rechts-Schema „pressen“ lassen, wird auch dadurch nicht glaubwürdiger, wenn man dieses Schema selbst propagiert Das mechanische Hämmern auf die Buchstaben des CDA-Programms mit der Losung „gemeinsam verantwortlich“ steht in einem krassen Gegensatz zur Aufforderung von CDA-Gremien, die CDU/CSU solle ihre Beziehungen zur EDU abbrechen, weü die EDU eine „Bündelung konservativer Kräfte“ darstelle. Die hiermit verbundenen ultimativen Forderungen der niederländischen Christdemokraten zeugen von einer Eigensinnigkeit, die sich nur schwer mit den lebensnotwendigen Einsichten zur politischen Zukunftsgestaltung Europas verträgt. Im Mai 1977 wagten CDA-Politiker noch die Behauptung „Die Konservativen -, das sind wir“, um Stimmen zu gewinnen. Ein Jahr später werden die Konservativen in den benachbarten und befreundeten Staaten Europas verteufelt. Was soll das? Wird in den Niederlanden mit anderen politischen Maßeinheiten gemessen?

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