7071471-1993_02_14.jpg
Digital In Arbeit

Die Eich- und andere Biedermänner

Werbung
Werbung
Werbung

Hans Safrian, Lehrbeauftragter an den Universitäten Wien und Klagenfurt, widmet seine Untersuchungen der Geschichte der Männer des berüchtigten „Judenreferates 4 B 4”, an dessen Spitze Adolf Eichmann stand. Er geht den Anfängen des später von der SS in ganz Europa angewendeten „Wiener Modells” nach, das zuerst in Wien unmittelbar nach dem Anschluß erfolgreich praktiziert wurde. Auf einen Nenner gebracht hieß das Rezept: „Der Jud muß weg, sein Gerschtl bleibt da!” Um das zu erreichen, wandten die „Eichmänner”, die zu zwei Dritteln österreichische Nazis waren, ein Gemisch von Brutalität, List und Vorspiegelungen gegenüber ihren wehrlosen Opfern an.

Wer waren nun diese Männer um Eichmann, die Hunderttausende nicht nur in den sicheren Tod verfrachteten, sondern sie noch zu Lebzeiten um Hab und Gut beraubten? Ein Dutzend mediokrer und banaler Männer, die einen Knick in ihrer Bildung oder ihrem Beruf hatten, zeitweise arbeitslos waren und deren erster Traum nach dem Anschluß war, als Staatsoder Wiener Stadtbeamte unterzukommen. Doch sie waren durchaus keine sturen „Befehlsempfänger”. Sie entwickelten eine außerordentliche Eigendynamik und verrichteten ihr blutiges Metier mit sichtbarem Gusto: Mitunter machten sie „Fleißaufgaben”, die nicht einmal das SS-Hauptamt von ihnen erwartet hatte.

Auffallend ist, wie Safrian bemerkt, „daß bis auf den Kärntner Franz No vak alle aus Ostösterreich... stammen”. Wie dem heute in Damaskus lebenden zweiten Mann hinter Eichmann, Alois Brunner, gelang es den meisten dieser Raub- und Mordvorzugsschüler sich nach Kriegsende der Gerechtigkeit zu entziehen. Ein kleiner Teil der Gruppe wurde zwar verhaftet, aber bald amnestiert. Sie „verwandelten sich in unbescholtene Bürger Österreichs,... manche leben noch immer in den Wohnungen, die sie während der Vertreibung der Juden bezogen hatten.”

Dem Verlag ins Stammbuch: Bei der Vielfalt der Namen und Orte wären Register unerläßlich.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung