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Zur Lage der Koalition

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Die Koalitionsregierung schlittert derzeit dem Untergang entgegen. Nennenswerten Widerstand leistet sie nicht Gäbe es doch wenigstens einen großen oder gar mitreißend interessanten Streit über Zukunftsfragen! Aber nein, Banalitäten sind es, Immobilität, Apathie, Schweigen zu den „Themen der Zeit", Murks und Kommunikationsunfähigkeit, die sie an den Rand des Abgrunds bringen. *

Österreich braucht eine umfassende und tiefgreifende Neuordnung von Wirtschaft und Gesellschaft. Aber was wurde erreicht? Politischer Stillstand, Null-Lösungen und Pattsituationen. Lohnnebenkosten? Sie bleiben gleich (hoch). Arbeitszeitflexibilisierung? Eine Reform en miniature. Familien? Die Fortsetzung ihrer schleichenden Hinrichtung durch Verweigerung jedweder politischen Weichenstellung. Europa? Die Selbstaufhebung der gegensätzlichen Positionen am Nullpunkt. Zerbrechen in einer Zeit der Zuspitzung, vor allem der Vef-teilungskonflikte, die Gemeinsamkeiten? Nein, gerade hinsichtlich. der anspruchsvollen, zukunftsorientierten Lösungen liegen die Leitwerte, Ziele und Interessen beider Seiten nahe beisammen, ganz zu schweigen von den staatspolitischen Notwendigkeiten.

Die Selbstblockade der Koalition resultiert also keineswegs aus dem Ausrinnen gemeinsamer Optionen, sondern aus Willfährigkeit gegenüber dem Zement oberflächlichen Besitzstandsdenkens, aus Per-missivität gegenüber mächtigen Organisationsinteressen und aus dem Übermaß an Auslieferung an das Spinnennetz der innerparteilichen EntScheidungsprozesse, in denen Taktiker und Machtstrategen das Sagen haben. Angesichts der nun so deutlich gewordenen eklatanten Erfolgslosigkeit dieser „Denkschule" müßte es doch mutigen und visionär denkenden Persönlichkeiten in beiden Parteien gelingen, sich aus diesen Umklammerungen endlich zu befreien. Dann könnte endlich jenes große Reformpaket Zustandekommen, das die vorhandenen Gemeinsamkeiten in Politik umsetzt.

Der Autor ist

Universitätsprofessor für Sozialrecht und SP-Landtagsabgeordneter in Sahburg.

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