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Drei wichtige Antworten

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Ob die 35-Stunden-Woche nun auch für die Vereinigten Edelstahlwerke (VEW) kommt oder nicht, wird auch eine Antwort auf drei wichtige wirtschaftspolitische Fragen geben:

1.. Eine Antwort auf die Frage, ob die Regierung ernsthaft bereit ist, den wirtschaftspolitischen Kurs Kreiskys zu verlassen oder ihn in neuer Verpackung fortsetzen will. Die neue Verpackung heißt dann „Sonderfall Steyr" (Sinowatz), „ein Modell, über das man auch bei VEW reden muß" (Benya) oder sonstwie unverdächtig, der Inhalt der Politik ist der alte und erinnert an die Durchhalteparolen bei Stalingrad: Eingraben und vom Endsieg, par-don: Umstrukturieren reden, bis der letzte Bunker zerbröselt. Grau ist die Theorie von der Atempause, die man sich mit der Arbeitszeitverkürzung schafft, solange grüne Landeshauptleute glauben, aus den für die Atempause geplanten Umstrukturierungen, etwa Betriebsverlagerungen in ein anderes Bundesland, politisches Kapital schlagen zu können.

2.. VEW wird auch zeigen, ob es bei der Arbeitszeitverkürzungsdiskussion um ein ehrliches Ringen der Sozialpartner geht, oder ob es sich beim Wechselspiel zwischen Dallinger und jenen, die sich als ,ßremser" profiliert haben, nicht doch, wie von der Opposition vermutet, um ein abgekartetes Spiel gehandelt hat. Die Rasanz mit der .ßremser" Anton Benya auf den 35-Stunden-Zug von Steyr nach Kapfenberg und Ternitz aufgesprungen ist, gibt immerhin zu denken. „Wenn ein Modell vorhanden ist, kann man nicht sagen, bei anderen Betrieben werden wir nicht darüber reden", gibt sich der sonst um sein Image als Mann der Mitte besorgte Benya ungewohnt forsch. Mit der Feststellung, daß es sich bei der Arbeitszeit um keine politische Frage handle, gibt Benya Kanzler Sinowatz die Gelegenheit, weiter bei der Beschwichtigungslinie und mit der FPÖ zusammenzubleiben: Die Regierung strebe von sich aus nicht die 35-Stunden-Wo-che an. Zahlen darf sie sie freilich schon, wenn das Modell Steyr Schule macht.

3.. Eine 35-Stunden-Woche bei VEW (aber auch Steyr und anderen Betrieben in einer ähnlichen Situation) ist aber auch ein Test für die Glaubwürdigkeit des Managements dieser Unternehmen. Wer vor seiner Standesvertretung und vor Journalisten nicht müde wurde, aus der Nicht-Einführung der 35-Stunden-Woche eine Existenzfrage für sein Unternehmen zu machen, sich in der Stunde der Wahrheit aber überaus elastisch verhält, trägt nicht nur die Verantwortung für sein Unternehmen, sondern auch für den dadurch entstehenden Flächenbrand.

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