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ORF-Monopol, Steuer-und Privilegienreform

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Der Nationalrats- und OGB-Präsident hat seine eigene Meinung zum Thema Privilegienabbau. Er ist für das ORF-Monopol und läßt sich in puncto Steuerreform nicht festlegen. Einer neuen Initiative für Vermögensbildung gibt er derzeit wenig Chancen und Maturanten sagt er voraus, daß sie künftig vielleicht „dazulernen" müßten. Mit Anton Benya sprach Hubert Feichtlbauer.

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Der Nationalrats- und OGB-Präsident hat seine eigene Meinung zum Thema Privilegienabbau. Er ist für das ORF-Monopol und läßt sich in puncto Steuerreform nicht festlegen. Einer neuen Initiative für Vermögensbildung gibt er derzeit wenig Chancen und Maturanten sagt er voraus, daß sie künftig vielleicht „dazulernen" müßten. Mit Anton Benya sprach Hubert Feichtlbauer.

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FURCHE: Zuerst ein paar Fragen an Sie in Ihrer Eigenschaft als Nationalratspräsident: Sehen Sie Chancen für eine baldige Änderung des Wahlrechts?

PRÄSIDENT BENYA: Das Wahlrecht steht derzeit nicht zur Diskussion. In den zuständigen Körperschaften wurde darüber noch nicht eingehend diskutiert.

FURCHE: Nicht in der Partei diskutiert? SPÖ-Klubobmann Fischer hat doch eine Änderung unter dem Titel „mehr Wählernähe der Abgeordneten" ins Gespräch gebracht.

BENYA: Der Kontakt zum Wähler hängt meiner Meinung nach nicht vom Wahlrecht ab, sondern von der inneren Organisation einer Partei und inwieweit jeder Mandatar in seinem Bereich eine entsprechende Organisation aufgebaut hat, die ihn zu den Wählern führt. Das wird in der Diskussion über Politikerprivilegien immer übersehen, daß die Arbeit der Mandatare nicht nur im Parlament geleistet wird, sondern ihre Hauptaufgabe im Kontakt mit den Wählern liegt. Das kann nicht vom Wahlrecht abhängen. Zum anderen braucht jede Partei natürlich auch Fachleute von ähnlichem Rang, wie sie im Regierungsapparat sitzen, die fachlich gut beschlagen und nicht nur Ideologen sind, denen die Substanz fehlt, f .. a " : \

FURCHE: Stichwort Privilegienabbau: Wann wird das Parlament das KreiskylTaus-Versprechen einlösen?

BENYA: Ich möchte den Begriff Privilegien gar nicht verwenden. Den parlamentarischen Immunitätsschutz hat es seit eh und je gegeben. Für die umstrittene Aufwandsentschädigung erbringt der Mandatar ja auch eine Leistung: Und was die Politikerbesteuerung anlangt, so hat eine 1970 eingesetzte Kommission, in der Richter, Anwälte, Generaldirektoren, Bankdirektoren, Betriebsräte und Journalisten saßen, seinerzeit die jetzige Form der 50prozentigen Besteuerung vorgeschlagen, die damals auch akzeptiert wurde. Nun kam das Thema neuerlich ins Gespräch. Wir werden sicher einen Weg finden, um das Problem aus der Welt zu schaffen, obwohl der Neidkomplex immer da sein wird und es bekannt ist, daß ja jeder Staatsbürger für das Parlament kandidieren kann, wenn er in einer politischen Bewegung tätig ist.

FURCHE: Ist das Ganze wirklich nur eine Frage des Neidkomplexes? Wenn ja, warum sagen das dann die meisten Politiker nicht offen heraus?

BENYA: Vielleicht fürchten sie um ihre Popularität. Fest steht jedenfalls, daß auch Politiker für ihr Geld hart arbeiten müssen und auf Grund offizieller Verpflichtungen finanzielle Auslagen haben, die weit über das für andere Gehaltsempfänger übliche Ausmaß hinausgehen. Ich denke dabei auch an die vielfältigen Spenden, die erwartet und gegeben werden, ebenso wie z. B. an Ehrenpreise, Ehrenkarten usw. Es ist mitunter schwierig, wenn überhaupt möglich, auf jeden Fall aber umständlich, sich alle diese Beträge quittieren zu lassen und so der öffentlichen Meinung Genüge zu leisten.

FURCHE: Sind Sie, Herr Präsident, für die Aufrechterhaltung des ORF-Rundfunkmonopols?

BENYA: Ich persönlich bin für die Beibehaltung des Monopols. Aber wenn es gelockert werden sollte, dann muß jede Gesellschaft dieses Bereiches die gleichen Auflagen bekommen wie der ORF - nicht nur die Verpflichtung zur Objektivität und Ausgewogenheit der Programme, sondern auch die Verpflichtung, den Bildungsauftrag, zu erfüllen, Wissenschaft, Religionsgemeinschaften, Sport usw. angemessen zu berücksichtigen. Das geht nicht, daß die einen ein populäres Massenprogramm machen und nur der ORF Kultur bringt...

FURCHE: Nun zu Fragen, die Sie als Präsident des Gewerkschaftsbundes berühren. Die ÖVP hat eine Initiative zur Vermögensbildung angekündigt. Wird sie da beim ÖGB Partnerfinden?

BENYA: Im ÖGB haben wir schon 1975 darüber diskutiert. Eine Kommission hat Beratungen angestellt. Persönlich möchte ich dazu heute sagen, daß es mir in einer Zeit mit geringem Wirtschaftswachstum und Schwierigkeiten bei der Energieversorgung, was gleichzeitig schwächere Lohnerhöhungen und eine geringere Realeinkommenssteigerung bedeutet, sinnvoller erscheint, das, was für die Arbeitnehmer aus dem Ertrag der Wirtschaft herausgeholt werden kann, diesen direkt zur Verfügung zu stellen. Wir brauchen ja gerade auch jetzt eine entsprechende Konsumkraft.

FURCHE: Brauchen die Unternehmungen aber nicht auch gerade jetzt Investitionskapital?

BENYA: Da gehen die Meinungen noch immer auseinander, ob die Arbeitnehmer einen Teil des ihnen zustehenden Ertrages im eigenen Betrieb investieren oder ob das Geld in einen gemeinsamen Topf kommen soll, wie wir es uns vorgestellt haben. Man hat uns unterstellt, mit diesen Mitteln Macht ausüben zu wollen. Der Vorwurf stimmt nicht. Die Gelder sollten zu günstiger Verzinsung für Investitionen, vor allem für solche auf dem sozialen Sektor, zur Verfügung gestellt werden - für Spitalsbauten, Altersheime usw. Das war unser Gedanke, aber das ist jetzt nicht aktuell. Wenn die Wirtschaftslage wieder einmal sehr günstig geworden ist, was ich für die nächsten Jahre nicht sehe, kann man über Vermögensbildung wieder reden.

FURCHE: Wann soll nun die Einkommen- und Lohnsteuersenkung kommen: 1981 oder 1982 oder 1983?

BENYA: Ich lasse mich nie auf einen Termin festlegen. Jetzt soll einmal die Steuerkommission ihr Papier für eine Systemänderung auf den Tisch legen. Dann werden wir unsere Vorstellungen dazu sagen und die Bundeswirtschaftskammer die ihren und man wird sehen, wo eine Einigung möglich ist. Für eine Reform schon 1981 ist die Zeit zum Verhandeln sicher zu kurz. Alles Weitere wird man sehen. Das Wichtigste für mich ist weiterhin die Erhaltung einer guten Beschäftigung.

FURCHE: Eine jüngst veröffentlichte Studie des Wiener Wirtschafts-wissenschafters Werner Clement prophezeit, daß bis 1990 allein 53.000 zusätzliche Arbeitsplätze für Akademiker und 99.000 für Maturanten geschaffen werden müßten, wenn die bisherigen Beschäftigungsgewohnheiten anhalten, es aber 303.000 ungelernte Arbeiter zuwenig geben wird. Sehen Sie eine Zeit voraus, in der

Akademiker sich mit Maturantenposten und Maturanten mit Hauptschülerposten zufriedengeben müssen?

BENYA: Vorläufig ist es sicher noch nicht so weit. Aber es könnte sein, daß Maturanten eines Tages, sofern sie nicht im öffentlichen Dienst unterkommen, für einen Posten in der Privatwirtschaft noch etwas dazulernen müssen. Die Frage ist, ob das ungesund ist. Garantien für einen bestimmten Posten gab es nie und wird es nie geben. Hilfskräfte aber werden wir immer brauchen. Auch heute gibt es davon im eigenen Land zuwenig. Das sichert ja die Fremdarbeiterbeschäftigung.

FURCHE: Ist es nicht unmoralisch, Gastarbeiter im Bedarfsfall über Nacht heimzuschicken und dann die eigene Arbeitsmarktstatistik damit zu frisieren?

BENYA: Das ist unrichtig gewesen, als Taus behauptete, wir würden unsere Arbeitslosigkeit exportieren. Als wir 250.000 Gastarbeiter im Land hatten, gab es etwa 2,5 Millionen Arbeitsplätze, und jetzt bei 170.000 oder 180.000 Gastarbeitern etwa 2,5 Millionen Arbeitsplätze insgesamt. Jeder Gastarbeiter weiß, daß er die Arbeitsgenehmigung nur für jeweils ein Jahr bekommt und mit einer Nicht-verlängerung rechnen muß.

FURCHE: Eine letzte Frage zum Thema Berufsgruppensolidarität: Ist

Foto: Archiv es vertretbar, Benzinpreiserhöhungen zu bremsen, weil viele Autofahrer Gewerkschaftsmitglieder sind, und gleichzeitig den Dieselölpreis freizugeben, weil Diesel Bauern und Wirtschaftstreibende brauchen, die überwiegend keine SPÖ-Wähler sind?

BENYA: Das wird behauptet, ist aber falsch. Die Statistiken zeigen, daß die Preisentwicklung bei Benzin steiler als bei Diesel verlief.

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