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Endlich klare Töne im ORF!

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Allzu lange schien der ORF intern gelähmt. Man debattierte über, aber nicht in ihm. Politiker zerbrachen sich die Intendantenköpfe. Ist diese Zeit nun endlich um?

Es scheint, wir dürften hoffen. Innerhalb einer Woche haben wir nun mehrmals klare Worte aus dem ORF vernommen. FS-2-Intendant Marboe erklärte der „Sportbarbarei“ den Krieg und will nicht mehr Autorennen oder Boxkämpfe zeigen, bei denen Menschen zu Krüppeln werden können. Statt dessen macht er uns auf Schach, Bridge und Jazzgymnastik scharf.

Klar, daß es zu Protesten kam: gegen „Bevormundung“ und „Geschmacksdiktatur“ und so. Man soll darüber ernsthaft diskutieren. Trotzdem: Die Entscheidungsfreudigkeit des neuen Kanalkommandanten tut wohl. So hat sich ja doch wohl der Gesetzgeber die Reformreform vorgestellt: daß die Intendanten jene Kompetenzen ausschöpfen, die dem Generalintendanten weggenommen worden sind.

Wenn schon dieser weniger als früher zu reden hat, dann sollen wenigstens jene von ihren vermehrten Befugnissen Gebrauch machen. Und wenn einer dann wie Marboe zeigen möchte, daß der Kopf zum Denken und nicht zum Zertrümmern da ist, soll er wissen, daß er auf Bundesgenossen zählen kann.

In einer ganz anderen Frage hat der ORF vergangene Woche gleichfalls von sich reden gemacht. Das Landesstudio Steiermark ließ via Schulfunk das „Gedicht“ eines Fäkalpoeten verbreiten, bei dem selbst den progressivsten Bewunderern unsichtbarer neuer Kaiserkleider Zweifel kommen mußten. Sie kamen auch Unterrichtsminister Sinowatz, der klarstellen ließ: Die Sendung war nicht approbiert!

Der Minister war entrüstet. Als vor wenigen Wochen ö VP-Obmann Taus wegen einer von Sinowatz sehr wohl approbierten Schullektüre auch entrüstet gewesen war, wurde er lautstark zum Finstermann der erotiko-faschistoiden Reaktion gestempelt. Diesmal schrie oder schrieb keiner von „Zensur“. Die Moral von der Geschieht': Rot sein muß man - rot werden darf man nicht!

Zurück aber zum ORF: Niederösterreichs Landesintendant Paul Twaroch ließ im blaugelben Radio eine scharfe Kritik an diesem Grazer Ausrutscher zu. Weil der Kritiker dabei nach Meinung Bachers aber zu weit gegangen war, bekam Twaroch vom Generalintendanten eine Rüge. Hinterher erfuhr man, daß vorher schon die Verantwortliche im Lan-desstudio Steiermark ein Bacher-sches Kopfstück verpaßt bekommen hatten. (Marboe hätte die roten Köpfe aus Zartsinn nicht in FS 2 zeigen dürfen.)

Auch Twaroch darf wissen, daß unsere Sympathie in diesem Fall mehr ihm gehört. Alle Verantwortlichen im ORF aber sollen sich bewußt sein, daß sie für ihre Entscheidungen auch im Fall meritorischer Differenzen dann mit prinzipieller Zustimmung rechnen können, wenn man deutlich den Eindruck vermittelt bekommt, daß endlich wieder im ORF und nicht von außen in diesen hineinregiert wird. Hoffentlich war dies bei allen erwähnten Beispielen der Fall.

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