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Kampf der Energie- Versehwendung

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Die Uhrzeiger der Rohstoffe stehen auf fünf vor zwölf. Das Gebot der Stunde heißt „Energiesparen“. Große Worte sind während der gegenwärtigen Energiekrise schon genug gefallen. Jetzt müssen Taten folgen. Wenn wir mit unserer kostbaren Energie nicht sparsam umgehen, schlägt's bald dreizehn. Jeder kann mühelos Energie sparen. Hier ein paar Vorschläge:

Wer Dampf ablassen möchte, sollte dies bei einem Thermokraftwerk tun. Leute mit Butter am Kopf liefern diese bei Zentralheizungen ab. Zeitungsredaktoren servieren in Zukunft ihren alten Kaffee ohne vorheriges Aufwärmen.

Den biblischen Worten, man solle glühende Kohlen auf den Häuptern seiner Feinde sammeln, ist ab sofort strikte Folge zu leisten. Arbeitnehmer, die ihr Licht unter den Scheffel stellen, haben dieses als Arbeitsplatzbeleuchtung einzusetzen. Klimaanlagen werden im Sommer durch kaltlächelnde Energiesparexperten ersetzt. Sommerliche Sonnenbrände sind bis im Winter zu konservieren und zu Heizzwecken zu verwenden.

Zu Beginn des Feierabends darf nur noch der Verstand, nicht mehr der Fernsehapparat eingeschaltet werden. Fußballmannschaften, die abends spielen, sollten nur noch aus Mitgliedern mit hellen Köpfen bestehen, damit auf Flutlichtanlagen verzichtet werden kann. Wird jemandem der Boden unter den Füßen zu heiß, so muß er sich auf den Bauch legen. Wo eine eisige Atmosphäre herrscht, sind Tiefkühlfächer einzurichten. Es dürfen nur noch kalte Mahlzeiten eingenommen werden, was neben der Kochenergieeinsparung das Magenbrennen fördert, welches wiederum den ganzen Körper von innen her erwärmt.

Die vorgängig vorgestellten Vorschläge sind gewiß ohne große Anstrengungen zu verwirklichen. Etwas aufwendiger dürfte die Realisation folgender Maßnahmen sein:

An Stühle könnten Tretvorrichtungen, wie sie von alten Nähmaschinen her bekannt sind, angebaut werden. Durch das ständige Treten während des Sitzens wird ein Schwungrad in Betrieb gesetzt, das an einen Dynamo angeschlossen ist. Auf diese Weise wird Strom für die Raumbeleuchtung erzeugt. Nebeneffekt: Das Treten erwärmt den Körper, so daß im Winter auf eine energie verschleißende Raumbeheižung verzichtet werden kann.

Versammlungen, bei welchen hitzig diskutiert wird, sollten nur noch im Winter durchgeführt werden. Dafür sind geeignete Räume zur Verfügung zu stellen, aus welchen durch entsprechende Kanäle zum nächsten Fernheizwerk die Abwärme zwecks Weiterverwendung zu Heizzwecken abgesaugt wird.

In Probelokalen von Blasorchestern sind Schläuche zu installieren,

die an die Musikinstrumente angeschlossen werden können. Die Schläuche münden in eine Düse. Beim Proben entsteht ein Luftstrahl, der in eine stromerzeugende Turbine strömt.

Beispiele wie die hier genannten ließen sich noch in beliebiger Anzahl aneinanderreihen. Es gibt genug Möglichkeiten, Energie zu sparen. Ziel unserer gesamten Energiespar- Anstrengungen muß es jedoch sein, daß jeder selbst jene Energiemenge erzeugt, die er verbraucht.

Man darf sich nicht scheuen, zur Erreichung dieses Ziels unorthodoke Wege einzuschlagen. Nur wer sorgsam mit der Energie haushaltet, kann heutzutage glücklich sein. Dem Glücklichen aber schlägt keine Stunde; schon gar nicht die dreizehnte. Deshalb also: Kampf dem Energieverschleiß!

Aus: „Nebelspalter“

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