7105274-1995_28_01.jpg
Digital In Arbeit

Keine Kleingläubigkeit

Werbung
Werbung
Werbung

Wie immer man zum Kirchenvolks-Begehren stehen mag, das Durchziehen dieser Aktion in nur drei Monaten ist eine Leistung, ein Zeichen, welches Potential an Energie in Österreichs Katholiken steckt. Zweifel an der genauen Zahl der Unterschriften und an der Kirchlichkeit der Unterzeichner sind kleinlich. Wer sich umhört, weiß, daß viele aus der aktiven Mitte der Kirche mitgetan haben - Leute wie Rudolf Schermann oder Udo Fischer wären mit einer ähnlichen Aktion baden gegangen.

Sicher war das Hauptmotiv vieler Unterzeichner, Bewegung in die Kirche zu bringen, nicht volle Zustimmung zu allen fünf Punkten. Und manche Nicht-Unterzeichner lehnten nicht die Punkte, aber die Vorgangsweise ab. Hier lautet die Frage: Darf das katholische Kirchenvolk nichts begehren? („Demokratie” wäre die Kirche ja erst, wenn das Volk die Erfüllung seines Begehrens selbst beschließen könnte.)

Einige der fünf Punkte (Bischofsbestellungen, Zölibat) handhabte auch die katholische Kirche schon anders, von anderen Konfessionen zu schweigen. Um Dogmen geht es nicht, polemische Stimmen, alle Unterzeichner müßten sich zum wahren Glauben bekehren oder geschlossen zur evangelischen Kirche übertreten, tun dem nun nötigen Dialog, der viel Fingerspitzengefühl braucht, nichts Gutes.

Verwundungen werden unvermeidlich sein. „Progressive” werden Leid und Frust spüren, weil sich zunächst wenig bewegen wird, „Konservative” werden über jeden geringfügigen Bruch mit der Tradition klagen. Wer meint, die römisch-katholische Kirche breche zusammen, wenn (sicher nur schrittweise) Punkte des Kirchenvolks-Begehrens umgesetzt werden, wird vielleicht nach einem Blick auf 2000 Jahre Kirchengeschichte weniger kleingläubig in die Zukunft blicken. Heiner Boberski

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung