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Konzerte

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Beethoven regiert zur Zeit seinen Terminkalender und sein Leben: die „Fidelio“-Aufzeichnung aus der Wiener Staatsoper hat er gerade hinter sich gebracht; in der Verfilmung der II. und III. Symphonie steckt er mittendrin (quasi als Abfallprodukt schneidet seine Plattenfirma beide Werke gleich mit). Und damit für die Filme auch die wichtige Publikumskulisse nicht fehlt, baten die Wiener Philharmoniker zum Sonderkonzert in den Musikverein. Und Bernstein lieferte den Beweis, daß ihm Beethoven- wie heißt es doch so schön - in Fleisch und Blut übergegangen ist. Bravo, Ludwig van Bernstein!

Die Folge einer solchen Wiener Beethoven-Intensivkur möchte ich für diesen faszinierenden Dirigenten dabei nicht unterschätzen. Die Wiedergabe der „Zweiten“ und der „Eroica“ ließ deutlich nachempfinden, wie sehr „wienerisch“ hier sein Beethoven geworden ist. Keine Spur mehr vom Abrupten, vom Ungestümen der früheren Jahre. Er läßt die Symphonien unter den behutsam modellierenden Händen gleichsam wachsen. Und das musikalische Gebüde atmet seinen Atem.

Natürlich heißt das nicht, daß Bernstein sich so radikal geändert hätte, daß er seine Eigenart aufgegeben hätte: das schwelgerische Ausmusizieren ist seine Spezialität geblieben. Und langsame Tempi raffiniert zu überdehnen und schnelle Steigerungen mitunter radikal zu überzeichnen, exerziert er heute so vor wie vor zehn Jahren. Aber seine Darstellungen wirken im ganzen zurückgenommen. Himmelstürmendes Pathos und lautloses Verhauchen sind nicht mehr das einzige Maß; denn das musikantische Spiel dominiert, das Auskosten geschmeidigen Philharmonikerklanges, das klare Ausloten von Proportionen... Und|ias^ scheint mir doch eine neue Farbe in Bernsteins stets eigenwilligem Musizieren.

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