7045005-1990_29_13.jpg
Digital In Arbeit

Musik für/mit Kindern

Werbung
Werbung
Werbung

Bei dem vom Carl Orff Institut der Hochschule Mozarteum veranstalteten internationalen Symposion hatten sich rund 450 Teilnehmer aus 29 Nationen in Salzburg eingefunden, erstmals auch Vertreter der osteuropäischen Länder. Mit Orffs Erbe, pämlich „Musik für Kinder", vor rund vierzig Jahren von Carl Orff und Gunild Keetman herausgegeben, sei immer wieder neues Entdecken und Verlebendigen gemeint. Was sich in der zurückliegenden Zeit verändert habe, sei einerseits die Ausweitung der Anwendungsbereiche des Schulwerks, von Kindern auf Jugendliche, Erwachsene und Behinderte, und andererseits die Verbreitung

und Adaption in aller Welt. Dies betonte Hermann Regner, der Koordinator des Symposions. Ein glücklicher Einfall war es, die Eröffnung des Festes der „Carl Orff-Volksschule" im benachbarten bayerischen Dorf Traunwalchen zu übertragen. Mit ihrem intensivierten Musikunterricht ist diese Schule beispielhaft im deutschsprachigen Raum. Die Kinder hatten mit ihren Lehrern in monatelanger Vorbereitung eine „Bauernhochzeit" gestaltet, ein buntes, szenischmusikalisches Spiel aus der zwölfhundertjährigen Geschichte des Dorfes. Vier Sätze aus „Orff für Blechbläser" (Grassauer Bläserensemble) und „Tanz für Klatschchor, Rasseln und Schlagwerk" aus dem Orff-Schulwerk, mit einem Schlagwerkensemble und einer Tanzgruppe des Orff-Instituts, nach einer

Choreographie von Barbara H????selbach, seien als Beispiele aus dem reichhaltigen Programm erwähnt, ein „Fest der Begegnung" unter freiem Himmel vereinte die Gäste aus aller Herren Länder zu Tanz, Gesang und Gespräch.

In der Eröffnungsansprache zum Thema „Hermeneutik des Erbens" ging Rudolf zur Lippe/Osnabrück auf die Doppelbedeutung des Wortes ein, nämlich des Bekenntnisses wie des Offenlassens, der „Geste des Suchens". In Podiumsgesprächen und Werkstattberichten, in Gesprächen und Ateliers wurde dieses Thema in unterschiedlich gegliederten Gruppen erarbeitet und in der Praxis bestätigt, was ein vielzitierter Ausspruch von Carl Orff umfaßt: „Nicht das Schulwerk, das ich, um eine Idee zu dokumentieren aufgezeichnet habe, ist um die Welt gegangen, sondern die Idee selbst. "

Wolfgang R.oscher/Salzburg sprach über „Weltmusik und Zukunftsbildung" und betonte, daß Musik als das Medium zur Annäherung und Verständigung unter den Völkern und Kulturen hervorzuheben sei.

Wie zur Verlebe::idigung dieses Vortrags folgten Lieder und Tänze aus Bayern, Polen und Griechenland. In Gesprächsrunden gab es Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch in verschiedenen Regionalgruppen. In den vielfältigen Ateliers wurden, um nur ein paar Themen zu nennen, „Sprechübungen" angeboten, „ Tänzerische Begegnungen" , „ Musik und Tanz für

Kinder", „Orff Schulwerk-Erfahrungen auf den Philippinen" und „Spiel mit selbstgebauten Instrumenten". In einer „Musica Szenica" betitelten Abendveranstaltung gaben Lehrer und Studierende des Orff-Instituts Einblicke in ihre Arbeit auf tänzerisch-musikalischem Gebiet.

Zahlreiche Kindergruppen aus unterschiedlichen Ländern sangen, tanzten und musizierten zum Ausklang in allen Sälen der Salzburger Residenz. Im „Rupertinum" erklang als „Musik im Museum" die Reflexion auf die Begegnung mit Kunstwerken, gespielt auf unkonventionellen Instrumenten.

Die bewegendste und umfassendste Gemeinschaftsarbeit aber war die Erarbeitung von „Blessed are those who work for peace", einem · Gemeinschaftswerk von Barbara Haselbach (Choreographie) und Hermann Regner (Musik). Der Text des Werkes entstammt der Bergpredigt und dem .Psalm 1 0. Hunderte von Teilnehmern aus den verschiedensten Nationen erarbeiteten und improvisierten dieses Werk für vierstimmigen Chor, Orchester und Darsteller. Im Carabinieri- Saal der Residenz wurde die gespannte Stille vom Ruf „ Why are you so far away, Lord, why do you hide youtself when we are in troubles?" zerrissen. Verwirrung und Not ????inden ihre Lösung in der Antwort aus der Bergpredit: „Blessed are those who work for peace / God will call tnem his children". Tanzkreise formierten sich, die in den Schlußgesang mit einstimmten. In der minutenlangen Stille, die von keinem Beifall zerklatscht wurde, war die innere Bewegung aller Teilnehmenden spürbar.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung