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Nur fünf Minuten täglich

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Ich habe mich völlig umgestellt, für die Gesundheit darf einem ja nichts zu blöd, ich wollte sagen, zu mühsam sein.

Zuerst gleich nach dem Aufstehen Gymnastik, — Morgengymnastik für den Kreislauf, für die Kondition, für's Munterwerden, für die Linie-überhaupt, weil es so gesund ist. Fünf Minuten genügen.

Dann Meditation für den Geist, für die Seele und auch ein bißchen zum Ausrasten, ebenso fünf Minuten täglich. Alles mäßig, aber regelmäßig, -wie gesagt, fünf Minuten täglich.

Auch die Wechseldusche soll sehr gesund sein, hab ich irgendwo gelesen. Warm, kalt, warm, kalt-fünf Minuten täglich, nur zum Schlußkalt, nicht vergessen.

Ein Morgenschwumm im kühlen Naß, falls ein Schwimmbadvorhanden, macht munter, belebt die Sinne, massiert und bringt den Kreislauf in Schwung. Natürlich fünf Minuten täglich.

Yoga am Morgen soll Wunderwirken, besonders ein fünfminütiger Kopfstand, da bekommt die Welt eine völlig neue Perspektive.

Mit dem Hometrainer strampeln hat mir mein Hausarzt gesagt, soll gut gegen Krampfadern sein, und dabei singen erhöht das Lebensgefühl, fünf Minuten, wie gehabt.

Isometrische Übungen, Tai-Chi, Urschrei, Augenrollen, Haare bürsten, Zehenwackeln, Gesundheitsbücher lesen, Mantramusik hören, alles nur fünf Minuten täglich, und du wirst ein neuer Mensch. Vielleicht auch Glücksklee kauen, in die Sterne gucken, etwas von der Seele schreiben, mit der Erbtante telefonieren und den kleinen Finger massieren, -jeweils fünf Minuten macht aus deinem Leben einen Born des Glücks.

Tief atmen durch die Nase und flachliegen am Bauch, - alles fünf Minuten.

Einen grünen Apfel essen, Dornröschentee trinken, eine Nieswurz lutschen, mit Huflattich einschmieren und im Wasserbett wogen, - natürlich jeweils fünf Minuten.

Na ja, für die Gesundheit soll einem ja keine Mühe zu groß sein, besonders wenn es sich nur um fünf Minuten täglich handelt. Aber seit ich mein „Fünf-Minuten täglich Gesundheitsprogramm “absolviere, komm ich weder zu einer geregelten Arbeit, noch zur Ruhe, und meine Frau beschwert sich auch schon, daß ich sie sträflich vernachlässige. Ich sehe nur eine Alternative -entweder ich lebe so wie alle normalen Menschen auch und werde steinkrank, oder ich zieh mich für den Rest meines Lebens in ein Sanatorium zurück und widme mich meinem „Fünf Minuten täglich Programm“. Wenn's die Krankenkasse zahlt, hätt ich ja eigentlich nichts dagegen, nur ob ich's durchhalt gesundheitlich, das ist die Frage.

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