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Quirlendes Leben

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Seit Jahrhunderten, seit den Zeiten des Markus Sittikus weckt der Name Hellbrunn die Vorstellung beschwingter Festfreude. Haben wir auch nicht mehr das pralle Lebensgefühl des Barock, so ist es doch erfreulich, daß seit acht Jahren dieses und der wundervolle Park, wenigstens an ein paar Tagen im Sommer, durch das, „Fest in Hellbrunn” seiner ursprünglichen Bestimmung wiedergegeben wird.

Heuer hat Oscar Fritz Schuh, der künstlerische Leiter des Festes und Regisseur der Aufführungen im berühmten Steintheater am Heilbrunner Park und der zahlreichen im Park, den Darbietungen erstmals ein gemeinsames, Motto gegeben;, „Sommernachts- traum”, vor allem mit den Szenen von; Shakespeare. Nach einer Begrüßung durch „Markus Sittikus” vor dem Schloß tritt da Theseus auf und gibt den Auftakt zu den Festlichkeiten anläßlich seiner Hochzeit mit der Amazonenkönigin Hippolyta, erste Szene des Stücks. Und schon beschließen die Handwerker auf einem Podium auf der Schloßwiese - der Text ist erweitert durch „Peter Squenz” von Gryphius - aus diesem Anlaß eine „höchst klägliche Komödie” einzustudieren.

Shakespeares „Sommemachtstraum” wurde von einem anonymen Autor lose für das durch Einlagen ergänzte Libretto von Henry Purcells „Fairy Queen” verwendet, nicht eigentlich eine Oper, eher ein Barock- Musical, das anschließend im Steintheater zur Aufführung gelangt. Kommen in der riesenhaften, offenen Felshöhle zur festlichen Musik gleichsam aus moosgrünem Stein Waldgetier oder Elfen hervor, belebt sich die Wand mit Titania, Oberon, Puck, entsteht ein szenischer Zauber von besonderem Reiz.

Die Probe der Handwerker spielt dann wieder unten, nun am Abhang eines wirklichen Waldes, und erst recht begeben sich an einem benach barten Hang die anderen Waldszenen - ein völlig neuartiger Eindruck. Die Gnome und Kobolde kreischen, quäken, quietschen da irgendwo, zwischen Baumstämmen und Gebüsch beginnt das Verwirrspiel von Hermia und Lysander, Helena und Demetrius, Elfriede Ott klettert als Puck überaus behende herum.

Doch werden im weiteren Verlauf auch im Halbrund des Theatrums mit seinen steinernen Figuren Romanzen und Lieder gesungen, wird am Sternweiher ein Concerto von Vivaldi gespielt, stellt sich der Pantomime Scharre als Gaukler vor, hört man im Freskensaal des Schlosses die metallen klingenden Akkorde des Cembalos. Die Hochzeit des Theseus aus dqm „Sommemachtstraum” mußte bei der Premiere wegen eines Gewitters unterbrochen werden, das abschließende Divertimento am Wasserparterre, vierter Akt aus „Fairy Queen”, bot man deshalb konzertant dar.

Würde Markus Sittkus aus himmlischen Sphären auf dieses Fest niederblicken, wäre er wohl über die ihm ungewohnten Massen der Besucher sehr erstaunt, das Vorgeführte aber fände gewiß seine höchsterfreute Zustimmung.

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