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Rotes Auto

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In Ungarn wartet man nicht auf Godot, sondern auf das bestellte und bezahlte Automobil. Aber zehntau-sende präsumtive Autofans werden auch in diesem Jahr so vergeblich warten wie in früheren Zeiten. Die schlichte Antwort auf die Frage nach dem Warum wurde vom Direktor der staatlichen Motorfahrzeug-Importfirma Merkur erteilt. Merkur konnte im vergangenen Jahr 38.000 Verkaufskontrakte auf die Lieferung nicht vorhandener Autos abschließen, womit die Zahl der sich seit Jahren in Geduld übenden zukünftigen Autobesitzer sich auf 105.506 erhöhte. Von den langen Wartelisten können heuer im besten Fall 62.000 Namen gestrichen werden, weil die Verkaufsflrma mehr nicht importieren will oder kann. Dazu kommen nur noch 5000 Automobile, die für Nobelgenossen, Ministerien und Institutionen vorgesehen sind.

Hauptlieferant ist die Sowjetunion: 57 Prozent der 1973 zu importierenden Wagen sollen von dort eingeführt werden. Der Sowjetfiat, genannt Schiguli, ist Star hors con-cours, 30.000 Ungarn sollen heuer mit ihm beglückt werden. Das erste Kontingent von Lastwagen aus der Autostadt Togliattigrad soll ebenfalls bald nach Ungarn entsandt werden. Außerdem sollen noch 4500 Zaporoschets aus der UdSSR eintreffen. Der Moskwitsch ist völlig aus der Mode gekommen — in Ungarn bestellten ihn jedenfalls nicht mehr als 1000 Anwärter.

Wenn es von den ungarischen Autobestellern abhinge, stünden die ostdeutschen Wagen in Führung. Da Wunschträume fast nie in Erfüllung gehen, haben aber viele Ungarn diesbezüglich resigniert. Nur 15.300 Käufer können mit ostdeutschen Autos, mit Trabants und Wartburgs, rechnen.

Budapest verhandelt gegenwärtig mit Prag und verlangt außer den vereinbarten 6500 Skoda-Pkw weitere 2000 Skoda-110-Lastwagen.

Ungarn verzichtete wegen der eingetretenen Preiserhöhungen auf die Lieferung von Polski-Fiat-1300. Laut Kontrakt muß jedoch Warschau in diesem Jahr 5000 Polski-Fiat-1500 an Ungarns Merkur liefern. Die Preiserhöhungen sind nach polnischer Darstellung wegen technischer Verbesserungen notwendig geworden. Angeblich soll hier Rumänien einspringen und an Stelle der erwähnten polnischen Autos 2000 Dacia-1300 an Ungarn liefern. Die Besprechungen hierüber sind noch im Gange. Der Dacia-1300 ist nichts anderes als ein Renault, der in der rumänischen Volksdemokratie in Lizenz fabriziert wird.

Fiat kann nur indirekt ins Geschäft kommen, alle westlichen Autos sind seit einem Jahr vom Import nach Ungarn ausgeschlossen. Es ist aber geplant, aus Belgrad 600 bis 800 Zastava-750, populäre Lizenz-Fiat-Wagen, zu kaufen.

Westliche Autofabriken und Auto-großhändler können Ungarn als Exportmarkt abschreiben. Eine radikale Einfuhrbeschränkung erfolgte bereits im Frühjahr 1971. 1972 kam das Exportgeschäft mit Ungarn zum völligen Stillstand. Es wurden zwar 1000 westliche Kraftfahrzeuge eingeführt, aber nicht für die vorgemerkten Besteller, sondern nur für Nobelgenossen, Diplomaten und Parteifunktionäre der Spitzenklasse. Im Handel waren und sind keine neuen westlichen Personenautos erhältlich. Es ist natürlich vorstellbar, daß manche Glückspilze ihren Mercedes dennoch kaufen können.

nötigen wir eine so riesige Armee?“ lautet die Frage. Schon seit einiger Zeit unterstreichen bedeutende Militärkritiker die Tatsache, daß es infolge der hohen Technisierung der modernen Waffen vorteilhafter sei, dem Beispiel der USA und England zu folgen und ein Berufsheer aufzu-

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