6868714-1978_14_12.jpg
Digital In Arbeit

Sozialkritik aus Australien

Werbung
Werbung
Werbung

Höchste Zeit jedenfalls, daß wir auch das Filmschaffen des fünften Kontinents kennenlernen. Hierzulande bekam man (am Rande der kommerziellen Auswertung) nur das ausgezeichnete, im Schafsche-rermilieu spielende Sozialdrama „Sunday too far away“ zu sehen, daneben sorgte sporadisch die „Viennale“ für kurzfristige Bekanntschaft mit australischen Streifen. Daß man „am anderen Ende der Welt“ auch ausgezeichnete Kinofilme macht, konnten bisher nur Besucher großer europäischer Festivals registrieren.

Mit „Don's Party“ findet nun erstmalig wieder ein australischer Film über den normalen Verleihweg in unsere Kinos. Der Streifen spielt in einer Wahlnacht des Jahres 1969 in Sidney, wo sich eine Gruppe von Freunden und Bekannten versammelt, um auf einer Party das erhoffte Ende von 20 Jahren Herrschaft der konservativen Regierung zu feiern. Die zusammengekommenen Männlein und Weiblein üben teils künstlerische Berufe aus, teils gehören sie anderen Schichten des Mittelstandes an. Unter reichlichem Alkoholeinfluß und Aufsta-chelung ihrer sexuellen Gelüste gebärden sie sich aber eher unmöglich, es kommt nicht zuletzt, weil manche Damen „fremd gehen“, zu Beschimpfungen und Tätlichkeiten. Andere Frauen enthüllen ihre Repression in einer nur teilweise emanzipierten Gesellschaft, worin der Film seine menschlich stärksten Seiten erreicht. Und schließlich läßt der Wahlausgang mit einem neuerlichen knappen Sieg der Konservativen das Gros der Partyteilnehmer nicht nur individuell und familiär, sondern auch politisch frustriert zurück.

Die Australier haben speziell von den Amerikanern viel gelernt. Darstellung und über weite Strecken auch Regie lassen durchaus professionellen Zuschnitt erkennen. An psychologischer Feinfühligkeit und künstlerischer Diskretion fehlt es aber noch, wobei man als Musterbeispiel der subtilen Gestaltung eines ähnlichen Themas „Die Einladung“ des Schweizers Claude Go-retta vor Augen hat. Hier ist die Entlarvung der Zügellosigkeit von Menschen in ihrem privaten Bereich zu wenig differenziert, so daß man in dieser Schwarzmalerei kaum ein signifikantes Gesellschaftsporträt erblicken kann. Und man wird auch den Verdacht nicht los, daß der Film vorwiegend deshalb synchronisiert und auf unseren Markt gebracht wurde, weil er intime Situationen in Bild und Wort deftig ausschlachtet.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung