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Digital In Arbeit

Sündenbock Technik

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Mit der gleichen Euphorie, mit der durch Jahre die Technik angebetet wurde, arbeitet man jetzt an ihrer Verteufelung. Angefeindet wird praktisch alles, was derzeit aus den Laboratorien kommt.

Und so wird denn jetzt auch unreflektiert, aber mit Wollust die gesamte Elektronik in diesen (Abfall)-Topf des Übels geworfen: Die Mikroprozessoren, weil sie angeblich die Arbeitsplätze vernichten, die faszinierenden neuen Möglichkeiten der elektronischen Kommunikation, weil sie angeblich die zwischenmenschlichen Beziehungen zerstören.

Es ist doch längst schon, sollte man jedenfalls glauben, müßig, darauf hinzuweisen, welche humanen Errungenschaften wir der modernen Elektronik verdanken. Sei es in der Medizin, sei es bei Sicherungseinrichtungen und der Bewältigung von Umweltproblemen, die - da sollen sich die modernen Maschinenstürmer doch nicht in die eigene Tasche lügen - nicht alle erst von der heutigen Technik- und Konsumgesellschaft verursacht wurden, sondern von dem schlichten Umstand, daß vier Milliarden Menschen mehr Mist als 500 M illionen machen - auch wenn sie dem biologischen Landbau huldigen und auf das Auto verzichten.

Bei einer Veranstaltung des „Forum Schwarzenbergplatz" über die Chancen und Gefahren der Informationsgesellschaft mit Karl Steinbuch, Gerhart Bruckmann u.a. wurde deutlich, daß gerade von der neuen Kommunikationstechnologie ein effizienter Beitrag zur Lösung unserer Ressourcen-, Umwelt- und Energieprobleme zu erwarten ist.

Wer seine Banküberweisung, seine Bestellung vom Bildschirm aus durchführen kann, braucht sich seltener hinter das Lenkrad zu klemmen, spart Energie, entlastet Verkehr und Umwelt. Ein mit der Dichte des Telefonnetzes vergleichbares Bildschirmnetz (oder sonstigen Datenstationen) kann ganze Waldgebiete vor dem Abholzen bewahren. (Um einen Eindruck von der Dimension unserer heutigen Papierflut zu geben: Allein der interne Schriftverkehr der 52.000 Mitarbeiter bei BASF in Ludwigshafen füllt zur Zeit 30 Millionen DIN A 4-Seiten!)

Mit einem ausgebauten Datenübertragungsnetz wird es in vielen Fällen möglich sein, die Büroarbeit von zu Hause zu erledigen.

Statt aber die Chancen zu sehen, die in dieser Art der Humanisierung von Arbeitsplätzen stecken, wird prompt die Verringerung der menschlichen Kontakte durch das Fernbleiben vom Büro beklagt. Statt uns zu fragen, warum wir auf das Gespräch im Büro, mit dem Verkäufer oder dem Schaltcrbeam- ten angewiesen sind, um unser menschliches Kontaktbedürfnis befriedigen zu können, schieben wir wieder einmal kurzerhand gesellschaftliche Fehlentwicklungen angeblichen technischen Fehlentwicklungen in die Schuhe.

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