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Überflüssiges Experiment

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Es darf gelacht werden, obwohl es zum Weinen ist: Da sitzt in einem Zimmer des Finanzministeriums eine Gruppe von Fachleuten (die Steuerreformkommission) und tüftelt an der Vereinfachung der Steuergesetze — und zwei Zimmer weiter lassen sich andere Fachleute pro Jahr ein sogenanntes Abgabenänderungsgesetz einfallen, das dafür sorgt, daß den Reformern die Arbeit nicht ausgeht.

Eine echte Delikatesse für Kuriositätensammler ist dabei nun schon seit Jahren die steuerrechtliche Behandlung

von betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen: Da gab es zunächst die erste „scharfe" Fassung, die wohl den chauffeurgefahrenen, garagengepflegten 2 CV mit Autotele-fon, nicht aber den 120.000-Schilling-Kombi voll abschreibbar machte. Danach ließ man sich den Fiskal-LKW einfallen, über den sich vor allem die Karosseriewerkstätten freuen konnten, weil dadurch zahlreiche Sportlimousinen auf Steuer-LKW zu schminken waren.

Nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hat es ihn aber in Wahrheit ohnehin nie gegeben. Weswegen man sich blitzartig eine neue Variante einfallen ließ: Voll abschreibbar sind seither PKW und Kombis mit einem Anschaffungswert von maximal 175.000 Schilling, wobei, wovon leben sonst die Steuerberater, die im Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer wohl abschreibbar, nicht aber, wie es systemgerecht wäre, als Vorsteuer abzugsfähig ist.

Diel 75.Ö00-Schilling-Gren-ze wiederum hatte zur Folge, daß die bei teureren Autos oft billigeren Reparaturen nur anteilig (im Verhältnis der 175.000 Schilling zum Anschaffungspreis), hingegen auch exorbitant hohe Haltungskosten bei „billigen" Autos in voller Höhe steuerlich abgesetzt werden können.

Dem wird jetzt durch eine neuerliche Novelle Rechnung getragen, die die Absetzbarkeit der Erhaltungskosten nicht mehr vom Anschaffungspreis abhängig macht.

Damit ist nach fünf Jahren der Zustand ex ante in Sachen Kfz weitgehend wiederhergestellt.

Das Triumpfgeheul der Unternehmen darüber unrd sich in Grenzen halten: Auch ein Steuerberater kann heute kaum, ohne nachzuschlagen, angeben, wie die entsprechende Kfz-Position in der Bilanz in einem bestimmten Jahr zustande gekommen ist. Ein heute fünf Jahre altes Firmenauto hat nämlich bereits fünf verschiedene Abschreibungssätze auf dem Buckel.

Ordnungspolitisch hat das Besteuerungstombola Null gebracht, wie die Zulassungsstatistiken zeigen. Daß sich die Automentalität der Österreicher nicht über Steuern ändern läßt, hätte man auch ohne dieses überflüssige Experiment wissen können.

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