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Chancen für Guiness

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Wie schlecht ein Gesetz ist, erkennt man unter anderem an der Zahl seiner Novellen. Das überfallsartig in Kraft gesetzte Abgabenänderungsgesetz 1978, das den Frachtern eine eigene LKW-Steuer, Dienstwagenfahrern schlechtes Gewissen und den Steuerberatern jede Menge neuer Kunden bescherte, hat dabei Chancen, ins Guiness Buch der Rekorde aufgenommen zu werden: Auch nach der eben vorgenommenen dritten Novelle bietet es durch zahllose Systemwidrigkeiten unseren wackeren Steuerreformern Stoff für die nächsten Jahre.

Einige der Leckerbissen Marke Schiida sollen hier als Kostprobe verabreicht werden.

So wurde nun jener Betrag, den die Anschaffung eines PKW maximal kosten darf, um als „betrieblich veranlaßt" (= steuerlich absetzbar) anerkannt zu werden, zum dritten Mal erhöht, und zwar auf 175.000 Schilling. Mit der Konsequenz, daß für 1978 angeschafftes, betrieblich genutztes Fahrzeug jedes Jahr ein anderer Abschreibungssatz in der Bilanz steht.

Die Freude über den jetzt realistischeren Höchstwert von voll abschreibbaren Firmenfahrzeugen wird zudem durch den Umstand getrübt, daß die 175.000 Schilling wohl abschreibbar sind, die darin enthaltene Mehrwertsteuer systemwidrigerweise aber nicht wie beim übrigen Betriebsvermögen abzugsfähig ist. Das schaut vielleicht nach Haarspalterei aus, ist es aber nicht.

Eine besondere Pikanterie ist, daß die Fahrzeugbetriebskosten jetzt zwar in der vollen (nachgewiesenen) Höhe steuerlich anerkannt werden, bei Fahrzeugen, deren Anschaffungspreis über 175.000 Schilling liegt, jedoch nur im Verhältnis dieser 175.000 Schilling zum tatsächlichen Anschaffungspreis. Also beispielsweise nur zu 50 Prozent bei einem Fahrzeug, dessen Anschaffungspreis 350.000 Schilling beträgt.

Wodurch der - gar nicht so theoretische? - Fall eintreten kann, daß eine 10.000-Schilling-Stoßstange zur Gänze, eine 5000-Schilling-Stoßstange aber nur zur Hälfte abgesetzt werden kann, weil sie unglücklicherweise ein - nur in der Anschaffung - doppelt so teures Auto zierte. Im Extremfall wird also der Käufer eines Fahrzeuges, das unterm Strich weniger kostet, weil günstige Betriebskosten die höheren Anschaffungskosten Uberkompensieren, für sein kostenbewußtes Verhalten bestraft.

Gerade Fahrzeuge, die besonders sparsam mit Energie umgehen - wie etwa PKW mit Einspritzmotoren oder Turboaufladung -, können infolge des dafür notwendigen konstruktiven Aufwands sehr leicht die 175.000-Schilling-Marke übersteigen, ohne daß aber deswegen die Instandsetzung einer eingedepsch-ten Türe mehr kosten würde als bei konstruktiv einfacheren, billigeren, aber weniger sparsamen Modellen.

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