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Schluß mit der Kfz-Subventioimerung

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Die Verkehrsexplosion auf den Straßen ist auch darauf zurückzuführen, daß die Kfz-Benützer nicht für die Kosten der Verkehrsinfrastruktur aufkommen müssen. Roadpricing ist eine Möglichkeit, diese Fehlentwicklung zu korrigieren.

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Die Verkehrsexplosion auf den Straßen ist auch darauf zurückzuführen, daß die Kfz-Benützer nicht für die Kosten der Verkehrsinfrastruktur aufkommen müssen. Roadpricing ist eine Möglichkeit, diese Fehlentwicklung zu korrigieren.

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Der „Verkehrsclub Österreich" (VCÖ) nennt vor allem fünf gute Gründe, die für Roadpri-cing sprechen.

■ Boadpricing bringt die Chance, Straßenkosten und externe Kosten des Kfz-Verkehrs zu decken:

Seiner Bauindustrie zuliebe leistet sich Osterreich das - gemessen an der Einwohnerzahl - längste Autobahnnetz aller EU-Staaten mit Ausnahme Luxemburgs. Dieses Autobahnnetz ist längst unbezahlbar. Eine Vorstellung davon gibt der pathetische Versuch einer Kostendeckung via Mautpickerl. Die Mautvignette bringt etwa ein bis zwei Milliarden Schilling in die Staatskasse. Allein die Zinsen der angehäuften ASFINAG-Schulden aus dem Straßenbau belaufen sich auf über vier Milliarden Schilling pro Jahr. Ein Preis von 550 Schilling für ein Jahrespickerl bedeutet, daß ein Pkw-Kilometer auf der Autobahn -ausgenommen auf speziellen Mautstrecken - ganze acht Groschen kostet!

Auf französischen und italienischen Autobahnen bezahlt man mit einem Pkw durchschnittlich 85 Groschen pro Kilometer. Das ist in etwa -wenn die Mineralölsteuer noch dazukommt - ein kostendeckender Preis für Flachlandautobahnen. Gebirgs-autobahnen sind weit teurer. Die geplante Scheitelstrecke der sogenannten Semmering-Schnellstraße hätte aus Mineralölsteuern und anteiligen Schwerverkehrsabgaben einen Ro-stendeckungsgrad von ganzen 17 Prozent. Dagegen ist der geplante Sem-mering-Basistunnel der Bahn eine wahre „cash cow".

■ Boadpricing bringt die Chance, nichttankenden Transitverkehr zur Kasse zu bitten.

Osterreich ist auf den meisten Transitrouten mit einer Tankfüllung

locker zu durchfahren. Speziell mit Billigtreibstoff aus Ostländern sind die österreichischen Transitautobahnen unschlagbar preisgünstig und komfortabel. Damit sinkt die minimale Kostendeckung des hochrangigen Straßennetzes weiter. Nur durch Boadpricing können die Straßenkosten dort kassiert werden, wo sie anfallen.

■ Boadpricing bringt die Chance, das Defizit des Lkw-Verkehrs abzubauen.

Boadpricing ist nach Meinung des VCÖ ein wirksames Mittel gegen die jährlich steigenden Defizite, die der Lkw-Verkehr den Steuerzahlern beschert. Erst zum Jahreswechsel wurde die Straßenbenützungsgebühr neuerlich drastisch gesenkt. Statt bisher 48.000 Schilling müssen für Lkw ab zwölf Tonnen Gesamtgewicht aus Gründen der EU-Konformität nur mehr 16.700 Schilling bezahlt werden. Schon bisher kamen 76 Prozent der Gesamteinnahmen aus dem Verkehr von den Pkw-Fahrern. Lkw zahlen nur 24 Prozent, verursachen aber die Hälfte der Kosten für Bau und Erhaltung der Straßen. Der Lkw-Verkehr deckt also bei weitem nicht seine Straßenkosten. Von den Unfall- und Umweltkosten ganz zu schweigen.

Das System der Treibstoffbesteuerung ist prinzipiell ungeeignet, die Kosten für Straßenfinanzierung und -erhaltung zwischen Lkw und Pkw gerecht aufzuteilen. Denn Pkw und Lkw zahlen gleich viel Mineralölsteuer für einen Liter Diesel, im Vergleich zu einem Pkw nutzt ein zweiachsiger Lkw (18 Tonnen) die Straße jedoch 17.000mal stärker ab. Der Abnutzungsfaktor im Vergleich Pkw zu einem vierachsigen Lastzug (36 Tonnen) beträgt 1:30.000. Boadpricing eröffnet die Möglichkeit, den Verkehrsteilnehmern ihre direkten Kosten verursachergerecht anzulasten. Das bringt mehr Kostenwahrheit und Gerechtigkeit im Verkehrssystem.

■ Boadpricing bringt die Chance, in den Ballungsräumen Staukosten zu vermeiden:

Die einzigen Autobahnen, die aufgrund der derzeitigen Treibstoffsteu-

ern einigermaßen kostendeckend sind, sind Autobahnen in Ballungsräumen. Genau die sind hoffnungslos verstopft. Der Verkehrsclub Österreich hat eine Abschätzung der Staukosten in Österreich vorgelegt. Echte Staukosten, die von der Wirtschaft und von den Konsumenten zu tragen sind, summieren sich nach der Berechnung des VCÖ auf 35 Milliarden Schilling pro Jahr. Diese Kosten entstehen vorwiegend im Güterverkehr und bei dienstlichen Fahrten durch staubedingte Verluste an Arbeitszeit und durch geringere Bentabilität des in Fahrzeuge investierten Kapitals.

Die Lösung für dieses Fiasko sieht der VCÖ in einem preislich abgestuften Mautsystem für das hochrangige Straßennetz. Derzeit kostet das Befahren eines Feldweges gleich viel, wie die Benützung einer kostbaren, mit Milliardenaufwand errichteten Stadtautobahn. Dadurch ergibt sich zwangsläufig, daß die wertvollen Straßen chronisch überlastet sind.

Die Verteilung von Verkehrsflächen wird über den Stau geregelt statt über den Preis. Laut VCÖ könnte man den Stau als dümmste Form des „Roadpricing" bezeichnen. Denn genaugenommen zahlen wir schon jetzt für die Benützung besonders hoch belasteter Straßenstücke; allerdings nicht in Geld sondern mit Wartezeit. Diese Wartezeit ist eine sinnlose Verschwendung menschlicher Ressourcen, wie sie überall vorkommt, wo der Preis als marktwirtschaftliches Regulativ zwischen Angebot und Nachfrage fehlt. Um es mit den Worten des EU-Verkehrskommissars Neil Kinnock zu sagen: „Let's replace the principle of queuing by the principle of pricing!" (Laßt uns das Prinzip des Schlangestehens durch das der Preisbelastung ersetzen.) ■ Roadpicing bringt die Chance, die Steuerzahler zu entlasten:

Daß hier nur von den Chancen des Roadpricing die Rede ist, hat gute Gründe. Welchen Nutzen uns das

Roadpricing tatsächlich beschert, hängt ganz davon ab, wie über die Verwendung der Einnahmen entschieden wird.

Seit die Kosten für Ausbau und Erhaltung des Straßennetzes an die Grenzen der Finanzierbarkeit stoßen, weckt der Gedanke an fette Einnahmen aus Straßengebühren wachsende Begehrlichkeit auf Seiten der Straßenbaulobby. Die Stärke von Straßengebühren liegt jedoch nicht in der Möglichkeit, weitere Straßen-bauten zu finanzieren. Roadpricing kann Straßenbau überflüssig machen, indem es mittels marktwirtschaftlicher Mechanismen eine effizientere Nutzung des vorhandenen Straßennetzes bewirkt. Straßenge-bühren bieten zudem die Möglichkeit, externe Kosten des Straßenverkehrs durch die Verursacher zu decken, statt sie der Allgemeinheit aufzubürden. Roadpricing bietet also die Chance, Steuer- und Beitragszahler der Kranken- und Sozialversicherung zu entlasten. Das spielt's allerdings nur, wenn die Interessen der Allgemeinheit den politischen Entscheidungsträgern wichtiger sind, als die Interessen der Autobahnlobby.

Der Autor ist

Mitarbeiter

des „Verkehrsclub Osterreich".

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