Walter Konzett, Direktor des Logistikers Gebrüder Weiss, will auch in Zukunft nicht auf den Gütertransport per Lkw verzichten.
Die Furche: Wie sehr trifft den Logistiker Gebrüder Weiss der hohe Ölpreis, oder sitzen ohnehin alle Mitbewerber im selben Boot?
Walter Konzett: Wenn man die Treibstoffbelastungen der Transportbranche ein Jahr zurückverfolgt, so sieht man, dass sich die Treibstoffkostenanteile von 20 auf heute 30 Prozent erhöht haben. Natürlich trifft das alle in der Branche, daher müssen auch die Kosten weitergegeben werden. Dies sieht auch die Wirtschaftskammer Österreich so, wenn sie darauf hinweist, dass viele Transportunternehmen in akute Gefahr kommen, wenn die Kosten nicht an den Markt weitergegeben werden können.
Die Furche: Wenn nun aber alle Transport-Firmen ihre Preise erhöhen, dürfte sich doch für ein einzelnes Unternehmen kein Nachteil ergeben …
Konzett: Auf der einen Seite haben alle den Zwang, die Kosten an die Kunden weiterzugeben, aber innerhalb dieses Zwanges gibt es auch den absoluten Wettbewerb, der wird ja durch den Treibstoffpreis nicht ausgehebelt. In dieser Situation muss man die Kosten argumentieren. Und letztendlich redet man von Gesamtkosten; bei allem Verständnis, die die Auftraggeber uns entgegenbringen, ist der Druck von der Industrie deutlich zu verspüren. Aber nicht nur die Treibstoffkosten belasten die Transportunternehmen: In Österreich wurde innerhalb einer Vorankündigungsfrist von nur zehn Tagen (!) die Maut kurzerhand um zwei Prozent erhöht. Auch mit diesen Situationen müssen wir die Märkte konfrontieren.
Die Furche: Was soll die Politik für die Transportunternehmen tun?
Konzett: Es ist immer schwierig, wenn man nach dem ordnenden Eingriff des Staates ruft, doch es müsste sofort die Mineralölsteuererhöhung des vergangenen Jahres zurückgenommen werden. Ebenso muss das Mautsystem unbedingt ökologisiert werden, das heißt ein Lkw, der mit der Abgasnorm "Euro 5" ausgestattet ist, sollte weniger Maut zahlen müssen. Weiters halte ich Ansagen der Verkehrspolitik, Mauterhöhungen von 100 Prozent in Aussicht zu stellen, für wirtschafts- und standortpolitisch unverträglich.
Die Furche: Und was können die Unternehmen selbst tun?
Konzett: Wir machen uns auch Gedanken, wie wir den Transport von Gütern in der Zukunft innovativer organisieren können. Für unser Produkt "Orange Combi Cargo" bekamen wir dieses Jahr sogar den CSR-Preis Trigos.
Die Furche: Sie setzen auch auf den Transport mit Lkws, schließt das einen CSR-Preis nicht von selbst aus?
Konzett: Nein, nachhaltiges Wirtschaften ist die Grundaufgabe einer jeden Firma, sonst wären wir nicht seit mehr als 500 Jahren am Markt. Wir bekamen den Preis dafür, dass unser erster privater Ganzzug "Orange Combi Cargo", der täglich von Bludenz über Hall/Tirol nach Wien geführt wird, jährlich ca. 16.000 bis 17.000 Lkw-Fahrten von der Straße auf die Schiene verlagert. Wir bieten damit ökologisch und ökonomisch eine sinnvolle Lösung.
Die Furche: Die Schiene ist also der Schlüssel für den Transport von Waren in der Zukunft?
Konzett: Nicht nur, sondern auch. Wichtig ist, dass man als moderner Logistiker jene Lösungen und somit Verkehrsträger anbietet, die den Anforderungen des Produktes/der Kunden entspricht. Generell kann gesagt werden, dass heute Güter im Umkreis bis 600 Kilometer innerhalb von 24 Stunden distribuiert oder beschafft werden können/müssen. Hier ist der Lkw als wesentlicher Teil der Lieferkette heute und morgen nicht leicht ersetzbar.
Das Gespräch führte Thomas Meickl.
Für Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich ist die Anhebung der Pendlerpauschalen ein Schritt in die falsche Richtung.
Die Furche: Wie verändert der hohe Ölpreis die Mobilität der Menschen?
Christian Gratzer: Wir erleben in Österreich einen regelrechten Radfahrboom, auch die Zahl der Fahrgäste pro Auto steigt und zusätzlich konnten wir vergangenes Jahr in Wien beobachten, dass der Pkw-Bestand leicht zurückgegangen ist.
Die Furche: Österreich ist also auf dem besten Weg, eine autofreie Gesellschaft zu werden?
Gratzer: In Zukunft wird sich die rein autoorientierte Mobilität zu einer bunteren Mobilität wandeln. Die Menschen werden je nach Verkehrszweck das ideale Verkehrsmittel wählen: Für kurze Strecken das Fahrrad, für die Fahrten zwischen den Ballungszentren den Zug und für Strecken aufs Land das Auto. Doch selbst Letzteres muss nicht mit dem eigenen Auto sein, das kann auch Car-Sharing bedeuten.
Die Furche: Was halten Sie von Verkehrskonzepten, bei denen man sich auf einer Art Seilbahn-Highway mit seinem eigenen Auto einklinkt - wie eine Gondel - und somit längere Strecken zurücklegt?
Gratzer: An solche futuristischen Konzepte glaube ich nicht, so etwas wird nicht umgesetzt werden. Man wird vielmehr das bestehende Verkehrssystem verbessern. Dazu gehört, dass man den Verkehr effizienter macht. Heute haben wir einen Energieverbrauch im Verkehr wie bei den Haushalten in den 1970er Jahren. Der Energieverbrauch ist enorm hoch und die Effizienz ist beschämend: Seit 1990 hat sich der Energieverbrauch im österreichischen Verkehr verdoppelt. Dass man heute noch immer 70 bis 80 Kilogramm Körpergewicht mit fast zwei Tonnen schweren Kraftfahrzeugen transportiert, ist alles andere als effizient.
Die Furche: Geht die Politik in die richtige Richtung, wenn sie die Pendlerpauschalen und das Kilometergeld erhöht?
Gratzer: Nein, denn das nützt den Pendlern mittel- und langfristig auch nichts, denn der Ölpreis wird weiter steigen. Viel wichtiger wäre es, die Alternativen zu verbessern, denn wenn ein Haushalt gut an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen ist, ist es möglich, ein Auto einzusparen. Das spart den Haushalten 500 bis 600 Euro an Kosten pro Monat.
Die Furche: Der öffentliche Verkehr also als Allheilmittel …
Gratzer: Österreich braucht ein so genanntes Gesamtverkehrskonzept. In so ein Programm schreibt man hinein, wieviel Verkehr man im Land haben möchte und mit welchen Mitteln er stattfinden soll. Verkehr muss vermieden, der Erdölverbrauch verringert und die Alternativen zum Individualverkehr auf der Straße verbessert werden. Da spielt auch die Raumordnung eine wesentliche Rolle, in den Niederlanden zum Beispiel muss ein Betrieb mit hohen Transportvolumina einen Gleisanschluss haben. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel, und der zeichnet sich bei der Jugend im urbanen Bereich heute schon ab. Die haben einen viel entspannteren Zugang zum Auto, als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Das Auto ist nicht mehr das Statussymbol schlechthin. Wenn die Jungen ein Auto brauchen, dann borgen sie sich eines aus. Das ist die Zukunft.
Die Furche: Hat der hohe Ölpreis auch seine guten Seiten?
Gratzer: Die Verkehrslawine wird gebremst. Dies führt zu einer besseren Luftqualität und es kommt zu weniger Staus. Schweden will seinen Erdöl-Verbrauch bis 2020 um die Hälfte verringern, das kann auch Österreich schaffen.
Das Gespräch führte Thomas Meickl.
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