Michael Schwendinger - VCÖ-Experte für Verkehrspolitik - © VCOE / Rita Newman

Verkehrsexperte: „Fairer Wettbewerb für die Bahn“

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Die Bahn ist siebzehnmal klimaverträglicher als das Auto – dennoch werden die Autobahnen länger und das Schienennetz kürzer, rechnet Michael Schwendinger vom "Verkehrsclub Österreich" vor – und wirbt für ein europaweites Jahrzehnt der Schiene.

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Die Bahn ist siebzehnmal klimaverträglicher als das Auto – dennoch werden die Autobahnen länger und das Schienennetz kürzer, rechnet Michael Schwendinger vom "Verkehrsclub Österreich" vor – und wirbt für ein europaweites Jahrzehnt der Schiene.

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Das Verhältnis bei der Nutzung von Auto und Bahn gehört massiv umgekehrt, fordert Michael Schwendinger, Experte für Verkehrspolitik beim Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Ohne mehr Maut für die Straße wird das nicht gehen.

DIE FURCHE: Herr Schwendinger, die Reiselust sprengt schon jetzt die Kapazitätsgrenzen der Bahn. Ist Österreich für den geforderten Umstieg auf die Bahn zu wenig gerüstet?

Michael Schwendinger: Generell ist es ein gutes Zeichen, dass die Bahn in Österreich stark nachgefragt wird. Auf der anderen Seite zeigen die Engpässe, dass es noch Ausbaupotenzial gibt. Wir wissen, in welche Richtung es gehen muss: Die Bundesregierung zeigt im „Masterplan Mobilität 2030“, was wir tun müssen, damit wir 2040 klimaneutral sind. Da ist ganz klar, dass der Anteil der Bahn deutlich steigen muss.

DIE FURCHE: Wie deutlich?

Schwendinger: Derzeit nützen 61 Prozent das Auto, 16 Prozent die Bahn, und der Rest verteilt sich auf Gehen und Radfahren. Bis 2040 muss sich das Verhältnis umkehren: 40 Prozent Auto und 60 Prozent Bahn und Radfahren. Die Bahn ist siebzehnmal klimaverträglicher als das Auto und noch siebenmal klimaverträglicher als das E-Auto. Prinzipiell ist Österreich auf einem guten Weg: Das Klimaticket ist etwas, was viele europäische Länder zum Vorbild nehmen und eigene Umsetzungsmöglichkeiten überlegen. Deutschland zieht jetzt mit dem Neun-Euro-Ticket nach, inklusive der Diskussion, ob das zu viele Leute nützen. Das ist eine Henne-Ei-Frage – klar ist, bei mehr Nachfrage muss das Angebot nachziehen.

DIE FURCHE: Das bedeutet mehr Züge auf mehr Trassen – ist das mittelfristig machbar?

Schwendinger: Wir sind hier im EU-Vergleich gut aufgestellt. Die Schweiz ist ganz vorn, aber Österreich gehört zu den Top drei bei den Pro-Kopf-Investitionen in die Schieneninfrastruktur. Für den aktuellen „Rahmenplan ÖBB“ wurde von der Bundesregierung eine Erhöhung der Infrastrukturinvestitionen beschlossen. Um bestehende Engpässe zu beseitigen, braucht es bei manchen Strecken zwei- oder mehrgleisigen Ausbau, bei anderen Strecken braucht es mehr Ausweichgleise. Auch technische und digitale Möglichkeiten schaffen mehr Kapazitäten auf selben Trassen – das gilt vor allem im internationalen Bahnverkehr. Das System des öffentlichen Verkehrs muss sich zu einem System des öffentlich zugänglichen Verkehrs entwickeln. Dazu braucht es regional maßgeschneiderte Kombinationen mit anderen Öffis und eine bessere Radfahrinfrastruktur.

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